Schenkung beachten

VN-Serie von Notar Manfred Umlauft zu den wichtigsten Änderungen im Erbrecht.
Das Verhältnis lebzeitiger Zuwendungen zum Pflichtteilsrecht (Pflichtteilsanrechnung). Wie bereits ausgeführt wurde, steht den pflichtteilsberechtigten Personen – das sind die Nachkommen sowie der Ehegatte bzw. eingetragene Partner – eine wertmäßige Mindestquote am Vermögen des Verstorbenen zu (Pflichtteil). Wenn der Verstorbene zu Lebzeiten sein Vermögen zur Gänze oder zu einem erheblichen Teil an einzelne Personen verschenkt, so ginge der Pflichtteilsanspruch der (übrigen) Pflichtteilsberechtigen insoweit ins Leere. Zum Schutz des Pflichtteilsrechtes sind gewisse zu Lebzeiten erfolgte Schenkungen dem Nachlass hinzuzurechnen.
In Bezug auf die Hinzurechnung von Schenkungen zum Nachlass unterscheidet das Gesetz zwischen Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen einerseits und Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen andererseits. Diese Unterscheidung ist deshalb bedeutsam, da Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen unbefristet dem Nachlass hinzugerechnet werden, das heißt, es ist ohne Bedeutung, ob eine solche Schenkung zwei, 15 oder 35 Jahre vor dem Tod des Verstorbenen erfolgt ist. Hingegen sind Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen –
z. B. an den Lebensgefährten, an ein Schwiegerkind, an ein Geschwister des Verstorbenen oder überhaupt an fremde Personen – dem Nachlass zur Pflichtteilsermittlung nur hinzuzurechnen, soweit diese Schenkungen innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Tod des Verstorbenen „wirklich gemacht“, also erfüllt wurden.
Von dieser vergrößerten Berechnungsgrundlage sind nunmehr die Pflichtteile zu ermitteln. Dabei muss sich ein Pflichtteilsberechtigter, der selbst vom Verstorbenen eine Schenkung erhalten hat, den Wert derselben von seinem Pflichtteil abziehen lassen („Anrechnung“).
Von der Hinzu- bzw. Anrechnungspflicht bestehen folgende Ausnahmen:
» Von der Hinzu- und Anrechnungspflicht sind aufgrund des Gesetzes Schenkungen ausgenommen, die der Verstorbene aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens oder zu gemeinnützigen Zwecken oder in Entsprechung einer sittlichen Pflicht (also aus einer gebotenen Dankbarkeit heraus) oder aus Gründen des Anstandes gemacht hat.
Allerdings können der Verstorbene und der Geschenknehmer auch in Bezug auf solche Schenkungen das Gegenteil, also die Hinzu- und Anrechnungspflicht vereinbaren.
» Schenkungen, die dem Nachlass hinzuzurechnen sind (und damit die Pflichtteilsbemessungsgrundlage vergrößern), sind jedoch auf den Pflichtteil des Beschenkten insoweit nicht anzurechnen, als der Verstorbene den Erlass dieser Anrechnung letztwillig verfügt oder mit dem Beschenkten schriftlich vereinbart hat. In Bezug auf Schenkungen des Verstorbenen besteht ein Auskunftsanspruch. Für die rechnerische Erfassung ist die geschenkte Sache auf den Zeitpunkt zu bewerten, in dem die Schenkung erfüllt wurde. Der Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen.
Wenn die nach Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen ermittelten Pflichtteilsansprüche im vorhandenen Nachlassvermögen nicht gedeckt sind, haften die Beschenkten im Verhältnis der erhaltenen Schenkungen für den Fehlbetrag. Ein Beschenkter kann jedoch die Schenkung jedenfalls in Höhe seines eigenen Pflichtteils behalten, er muss sich also nur mit dem Mehrbetrag seiner Schenkung an der Erfüllung der Pflichtteilsansprüche der übrigen Pflichtteilsberechtigten beteiligen. Wenn der Geschenknehmer die zugewendete Sache oder ihren Wert nicht mehr besitzt oder sich der Wert vermindert hat, haftet er mit seinem gesamten Vermögen, soweit er diesen Verlust unredlich zugelassen hat.
In der nächsten Folge: Beispiele zur Schenkungsanrechnung