Firmen schulden Staat 7,67 Milliarden Euro

Rechnungshof vermisst ein Gesamtkonzept für ein aktives Forderungsmanagement.
Wien. (VN) Die von Unternehmen nicht bezahlten Steuern belaufen sich auf etwa 7,67 Milliarden Euro. Diesen Wert (Stichtag ist Ende 2013) nennt der österreichische Rechnungshof in einem Bericht über den Umgang der Finanz mit Abgabenrückständen. Demnach musste die Finanz jedes Jahr Forderungen im Ausmaß von rund 478 Millionen Euro als endgültig uneinbringlich löschen. Ein Beispiel der staatlichen Rechnungsprüfer zeigt, dass die säumigen Zahler nicht die gesamte Wirtschaft repräsentieren, die brav ihre Steuern zahlt: Ein Unternehmen kam auf vier Insolvenzen und fünf Löschungen.
„Vollstreckbarer Rückstand“
Der gesamte Abgabenrückstand von Unternehmen kletterte in den Jahren 2010 bis 2013 von 6,68 auf 7,67 Milliarden Euro, das entspricht etwa zehn Prozent des jährlichen Steueraufkommens. Der vollstreckbare Rückstand machte per Ende 2013 1,8 Milliarden Euro aus. Fast eine halbe Milliarde Euro musste im geprüften Zeitraum pro Jahr als uneinbringlich gelöscht werden. Beim Rest gab es entweder einen Zahlungsaufschub oder eine Aussetzung mit Hoffnung auf spätere Einbringung der Steuern.
Standardisierte Analyse
Der Rechnungshof empfiehlt dem Finanzminister in diesem Zusammenhang standardisierte, tiefergehende Analysen der Löschungen bzw. der Gesamtrückstände durchzuführen, um Abgabenausfallsrisiken sowohl generell als auch bei einzelnen Abgabepflichtigen frühzeitig zu erkennen, um damit die erforderlichen Maßnahmen setzen zu können. Arbeit für Finanzminister Hans Jörg Schelling und seine Beamte, denn auch eine einheitliche Vorgehensweise der Finanzämter fehlt ebenso wie Risikobeurteilungen im Sinne einer Bonitätsbewertung. Außerdem empfehlen die Prüfer der Finanz, zeitnah und
vermehrt Insolvenzanträge über Abgabenschuldner zu stellen.
Risikofaktor Umsatzsteuer
Größter Risikofaktor ist laut Rechnungshof die Umsatzsteuer: Fast die Hälfte des vollstreckbaren Abgabenrückstands entfiel im Jahr 2013 auf nicht abgeführte Mehrwertsteuer, nämlich 861,16 Millionen Euro. Weitere 394,18 Millionen Euro entfielen auf die Einkommensteuer, 141,37 auf die Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne.
Im Bericht des Rechnungshofs erwähnt wird außerdem der Fall eines Unternehmens, das in den Jahren 2004 bis 2013 vier Insolvenzverfahren verursachte und dem fünf Mal Steuerschulden erlassen wurden. Trotz der Löschung von insgesamt 250.000 Euro stand die Firma im September 2014 schon wieder mit 16.000 Euro bei der Finanz in der Kreide. Der Rechnungshof empfiehlt Finanz- und Justizministerium eine restriktivere Bewilligung der Fortführung solcher Unternehmen. Allein die drei größten Löschungen machten 2013 140,13 Millionen Euro aus.
Der Rechnungshofbericht zur Löschung von Abgabenrückständen zeige auf, dass durch ein fehlendes Gesamtkonzept seitens des Finanzministeriums erhebliche Wertberichtigungen durchgeführt werden mussten. „Im Rechnungsabschluss 2013 wurden über vier Milliarden Euro an Forderungen abgeschrieben. In Zeiten von Budgetengpässen ist es unverständlich, dass das Finanzministerium noch immer über kein Gesamtkonzept für Forderungsmanagement verfügt“, kritisiert die aus Nenzing stammende Neos-Rechnungshofsprecherin Claudia Gamon.