Das Märchen vom großen Ölpreis-Effekt

Markt / 04.03.2016 • 18:50 Uhr
Patrick Schuchter
Patrick Schuchter

schwarzach. Fallende Ölpreise sind grundsätzlich positiv für die Weltwirtschaft, da den Konsumenten in den führenden Volkswirtschaften der USA, Europas und in Japan auf Grund niedriger Benzin- und Stromkosten mehr Geld in den Taschen bleibt. Dieses Geld sollte – so die weitere Lehrmeinung – größtenteils investiert werden und folglich den Konsum beleben. Seit Beginn des Ölpreissinkflugs sind nun mehr als 1,5 Jahre vergangen, von positiven Wirtschaftseffekten ist kaum etwas zu spüren und die Euphorie ist mittlerweile der Skepsis gewichen: Sind niedrige Ölpreise unterm Strich doch nicht so vorteilhaft für uns?

Der Hauptgrund für den fehlenden Konjunktureffekt liegt darin, dass Konsumenten einen Großteil der Ersparnisse auf Grund geringerer Kosten nicht sofort wieder ausgeben. So stieg beispielsweise die Sparquote in den USA über die vergangenen 18 Monate an. Dieses Phänomen ist in der Realwirtschaft relativ häufig zu beobachten, insbesondere, wenn Haushalte davon ausgehen, dass die Preissenkungen nur von kurzer Dauer sind und folglich das zusätzliche Einkommen auf die hohe Kante legen. Da wir aber seit vielen Jahren in einer Welt mit einem deutlichen Ersparnisüberhang im Vergleich zu den Investitionsmöglichkeiten leben, kommt diese zusätzliche Sparhaltung äußerst ungelegen. Zusätzlich negativ wirkt sich die Tatsache aus, dass die USA neben dem größten Erdölverbraucher mittlerweile auch der weltweit größte Produzent sind: Niedrige Ölpreise hemmen so Investitionen vonseiten der Ölindustrie und drücken auf das ohnehin verhaltene Wachstum. Dies belegt auch eine Studie der US-Investmentbank JP Morgan: Noch vor rund einem Jahr sah die Bank auf Grund niedriger Ölpreise einen positiven BIP-Beitrag von 0,7 Prozentpunkten im Jahr für die USA – in ihrer jüngsten Schätzung vom Jänner dieses Jahres lag die Prognose hingegen im Bereich von maximal +0,1 % bis sogar -0,3 %.

Die jüngsten Aktienmarktentwicklungen legen zudem den Schluss nahe, dass die Börsianer leicht höhere Ölpreise niedrigen vorziehen. Was uns also an der Tankstelle täglich freut, kann unter Umständen längerfristig doch wieder nicht so gut für uns sein. Es bleibt abzuwarten, ob das „Märchen vom großen Ölpreis-Effekt“ noch ein gutes Ende findet . . .

patrick.schuchter@vvb.at,
Patrick Schuchter,
Vermögensverwaltung Volksbank Vorarlberg