“Dann nimmt jeder sein Geld und versteckt es”

Die Nebenwirkungen der EZB-Geldpolitik treffen auch Verbraucher.
Schwarzach. (VN) Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossene neuerliche Zinssenkung wird nach Ansicht des Wifo-Bankenexperten Franz Hahn die Banken nicht dazu bringen, mehr Kredite zu vergeben. „Die Banken verdienen ja an der Fristentransformation“, sagte Hahn am Donnerstag. „Aber wenn sie kurzfristig null Prozent kriegen und langfristig auch null Prozent, dann bringt ihnen das nichts. An diesen flachen Zinsstrukturkurven können nur jene Banken Nettozinserträge erzielen, die sehr schlanke Kostenstrukturen haben“, sagte Hahn. Dass die Banken ihren Kunden für Einlagen Negativzinsen verrechnen werden, „würde ich fast ausschließen“, so der Wifo-Experte, „weil dann nimmt jeder sein Packl Geld und versteckt es in der Truhe“.
Die EZB spekuliere wohl auch auf eine importierte Inflation, weil sich durch einen schwächeren Euro die Importe verteuern würden. „Man hofft, dass man sich über den Außenhandel einen positiven Schock in die Eurozone holt, der möglicherweise stimulierend wirkt, und dass über diesen Kanal wieder die Kreditnachfrage steigt.“
Dass dem so ist, glaubt der Vorarlberger Bankensprecher Wilfried Hopfner (Raiffeisen) jedenfalls nicht, wie er gegenüber den VN ausführt: „Die Welt der negativen Zinsen verunsichert Unternehmen und Verbraucher, was nicht im Interesse einer funktionierenden Volkswirtschaft sein kann und den Wirtschaftsraum Europa zusätzlich unter Druck bringt.“ Von den Auswirkungen der EZB-Geldpolitik sind Verbraucher sehr wohl betroffen. Einige Beispiele:
» Bankgebühren: Wifo-Experte Hahn: „Die Banken werden aber ihre Gebührenpolitik viel kostenorientierter betreiben müssen, also alle Dienstleistungen, die sie anbieten, als Kostenposition kalkulieren.“ So könnten sie künftig auch Bankomatgebühren verlangen. Jedenfalls müssten die Banken weiter rationalisieren.
» Besitzer von Fondsanteilen: Bei Geldmarktfonds und Rentenfonds mit kurzer Laufzeit werde es bei steigenden Strafzinsen immer schwieriger, Renditen zu erzielen. Im Schnitt halten die Fonds demnach drei bis fünf Prozent des Volumens liquide vor, falls Anleger Anteile zurückgeben wollen.
» Kredite: Häuslebauer und andere Kreditnehmer profitieren von den Niedrigzinsen, für sie wird es günstiger. Allerdings: Wenn die Zinsen negativer würden, müssten Banken höhere Zinsen für Kredite fordern.
» Lebensversicherungen werfen immer weniger ab. Jetzt kommen noch die Negativzinsen hinzu. Das Problem der Lebensversicherer: Sie legen das Geld ihrer Kunden vor allem in Staatsanleihen an, die als sicher gelten. Diese werfen wegen der EZB-Geldpolitik aber kaum noch oder gar nichts mehr ab. Versicherern fällt es immer schwerer, hohe Garantieversprechen der Vergangenheit zu erwirtschaften.