Karton-Riese bekommt Energie aus Vorarlberg

Bertsch Energy hat den größten Auftrag der 91-jährigen Firmengeschichte erhalten.
Bludenz. Wer Kraftwerke baut, der muss in längeren Zeiträumen denken. Es dauerte vier Jahre, bis aus der ersten Anfrage beim Anlagenbauer Bertsch in Bludenz ein konkreter Auftrag wurde. Aber nun hat das Unternehmen den größten Auftrag in seiner 91-jährigen Firmengeschichte erhalten. Bertsch Energy hat von der Mayr-Melnhof Karton GmbH den Auftrag für ein schlüsselfertiges Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk für das Stammwerk des Karton-Riesen im steirischen Fronleiten erhalten. Obwohl keine Summen genannt wurden, gehen Fachleute von einem Auftragsvolumen von rund 40 Millionen Euro aus.
Dampf und Strom
Die Mayr-Melnhof Karton GmbH ist mit einem Exportanteil von 96 Prozent weltweit führend in der Herstellung von gestrichenem Recycling-Karton. Das Kraftwerk wird für die Produktion benötigt, es wird zwei Karton-Maschinen und die sogenannten Faserlinien mit Dampf und Strom versorgen, erklärt Bertsch-Geschäftsführer Gernot Kranabetter (47) im Gespräch mit den VN. Bertsch bleiben jetzt zwei Jahre Zeit. Bis dahin muss die Gesamtanlage betriebsbereit sein. Der Auftrag ist umfassend. Es geht um zwei Gasturbinen, einen Kessel, eine Dampfturbine, den gesamten Bau sowie die Elektro- und Leittechnik. Schon mit diesem Auftrag ist das Unternehmen, das 2015 einen Umsatz von 90 Millionen Euro machte, im laufenden Jahr zu einem Drittel ausgelastet. Auch sonst habe man heuer bereits einige schöne Aufträge an Land gezogen.
Schwieriges Marktumfeld
Solche Aufträge kann das Unternehmen brauchen, denn Bertsch hat ein schwieriges Jahr hinter sich. „Der deutsche Markt ist komplett zusammengebrochen“, berichtet Kranabetter. Die Energiewende habe die Aufträge zum Versiegen gebracht. Wenn noch irgendwo Blockheizkraftwerke gebaut werden, dann an anderen Standorten. Auch in Österreich sehe es nicht besser aus. Ein Umsatz-Minus von 23,51 Prozent ist das Ergebnis dieser Wende. Für die Zukunft gibt sich Kranabetter optimistisch. Man habe sich neu aufgestellt, „wir verlassen Europa“. Dafür wurden eigene Büros bzw. Agenturen in Texas, den Emiraten, in der Türkei, in Malaysia und Chile installiert. In Europa werden neue Märkte in Polen, Frankreich und den Benelux-Ländern erschlossen. Aufgewertet werde auch die Niederlassung in Polen, so der Geschäftsführer. Die Rohrleitungsplanung in Krakau werde ausgebaut, auf Kosten der Arbeitsplätze im Land gehe das aber nicht, stellt er klar. Eine weitere Planungsabteilung von Bertsch ist seit 2014 in Wien angesiedelt, dies deshalb, weil für viele Techniker der Arbeitsplatz in einer Großstadt attraktiver sei.
Getroffen wurde Bertsch auch durch die Russland-Sanktionen. Dort nicht der Energiebereich, sondern die Sparte Lebensmittel mit den Unternehmen Bertsch Foodtec und Bertsch Laska, die Wurst- und Käseverarbeitungsanlagen im Programm haben. Das Interesse sei zwar da, allein es fehle den Russen derzeit am Geld, um zu investieren. Große Hoffnungen setzt der Anlagenbauer in den Iran. „Das ist wirklich ein Hoffnungsmarkt und zwar für alle Divisionen der Firmengruppe“, so Kranabetter.
„Wir verlassen Europa und haben jetzt eigene Büros bzw. Agenturen in Amerika und Asien installiert.”
Gernot Kranabetter
Bertsch Group
» Gegründet: 1925
» Branche: Anlagenbau
» Eigentümer/Hauptaktionäre:
Ing. Hubert Bertsch
» Beschäftige in Vorarlberg: 275
» Beschäftigte an anderen
Standorten: 79
» Lehrlinge in Vorarlberg: 24
» Umsatz gesamt 2015 (in Mill. Euro): 90,45 (- 23,51 %)
» Export: 93 %