„Indien ist interessante Perspektive für uns“

Rankweil. Thomas Fessl ist seit einem Jahr Geschäftsführer von Mahle König, dem Spezialisten für Motorenkomponenten für Motorräder, Quads oder Boote. Im Interview spricht er darüber, an welchen Schrauben er im letzten Jahr gedreht hat und welches Potenzial er in Indien sieht.
Sie haben vor knapp einem Jahr die Geschäftsführung bei Mahle König übernommen. Wie sieht Ihre Bilanz nach Ihrem ersten Jahr aus?
Fessl: Unsere Nische ist einem starken Wandel unterworfen. Wir verspüren eine Globalisierung. Das ist neu für uns und bedarf einer gewissen Anpassung, wie zusammengearbeitet wird und wie mit den Kunden gearbeitet wird. Da sind wir gerade mittendrin. Wir haben ein sehr gutes Image am Markt, unsere Produkte und Fähigkeiten sind bekannt, wir kennen die kleine Gruppe unserer Kunden. Das kommt uns zugute. Und wir sind an der führenden Ecke der Technologie unterwegs. Die schwierigen Dinge machen wir, und das, was vorvorgestern schwierig war, machen inzwischen Konkurrenten aus Billiglohnländern. Wir würden aber gerne mehr Umsatz machen. Aktuell haben wir viele Anfragen wegen Neuprojekten. Ich mache mir also keine Sorgen, der Umsatz bis in zwei Jahren wieder in den Bereich hinaufgehen, in dem wir gut Geld verdienen können.
Als Sie starteten, hatte die Firma ein Umsatzminus zu verkraften. An welchen Schrauben haben Sie gedreht, um 2015 wieder ein Plus zu erzielen?
Fessl: Eines unserer wichtigsten Elemente sind unsere Mitarbeiter. Die wichtigste Schraube, an der wir derzeit drehen, ist, die Organisation so weit zu bringen, dass sie selbstständig arbeitet. Dass die einzelnen Mitarbeiter und Führungskräfte sehr autark miteinander arbeiten können. Nur durch kurze Entscheidungswege können wir die höhere Geschwindigkeit, die inzwischen von uns vom Markt erwartet wird, erfüllen.
Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass es in den vergangenen Jahren mit dem Betriebsrat größere Auseinandersetzungen gab. Wie funktioniert die Zusammenarbeit heute?
Fessl: Es gibt immer Interessenskonflikte. Geschwindigkeit ist nur die eine Sache. Wir müssen aber auch mit dem Spannungsfeld von Kunden, Eigentümern und Mitarbeitern umgehen. Unsere Kunden führen sehr knallharte Verhandlungen mit uns, weil wir im internationalen Preisvergleich stehen. Wir konkurrieren mit Ländern, die ganz andere Arbeitszeitmodelle haben. In Österreich haben wir bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit Nachholbedarf, den es aufzuholen gilt. Nachdem das ein angespanntes Thema ist, erwarte ich, dass es auch hier in Zukunft Diskussionsbedarf gibt. Schlussendlich muss man sich aber vereinbaren.
Was hat Sie an der Aufgabe gereizt, die Geschäftsführung bei Mahle König zu übernehmen?
Fessl: Ich habe in der Automobilindustrie gelernt, wenn man erfolgreich sein will, muss man sich am Markt und den Kunden orientieren. Unter dem Aspekt bin ich hier auch angetreten. Die Kunden wissen, was sie an uns haben. Die Mannschaft ist engagiert und zieht mit. Wir haben langjährige Spezialisten im Haus, die sich enorm einbringen und die wir brauchen, um die Produkte voranzutreiben. Das macht mir große Freude. Man muss enthusiastisch für die Produkte sein, sonst kann man nicht erfolgreich arbeiten.
Mahle König arbeitet in einer sehr kleinen Nische mit wenigen Kunden. Welche Möglichkeiten haben Sie, das Unternehmen weiterzuentwickeln?
Fessl: Ein Verbrennungsmotor verändert sich nicht täglich, aber wir entwickeln mit unseren Kunden die Produkte weiter. Bei unseren großen Kunden haben wir eine sehr intensive Zusammenarbeit mit den Entwicklungsabteilungen. Zudem verfolgen wir unsere eigenen Ideen. Da gibt es neue Ansätze.
70 Prozent des Umsatzes wird mit den vier größten Kunden erzielt. Gibt es Bestrebungen, diese Abhängigkeiten zu verringern?
Fessl: Natürlich ist die Tendenz zu diversifizieren und eine breite Kundenbasis zu haben. Wenn man sich aber am Markt umschaut, muss man realistischer Weise sagen, da gibt es nicht mehr viele potenzielle Kunden. Mit Ducati haben wir seit Längerem wieder einen Neukunden von interessanter Größe und wir sind an dem ein oder anderen massiv dran, damit die Reihe wieder größer wird.
Einen Zukunftsmarkt sehen Sie in Indien. Welches Potenzial liegt dort für Mahle König?
Fessl: Wir liefern heute schon von hier aus nach Indien. Früher war der führende Markt in Asien China. Wenn man sich aber die Frage stellt, wo auf der Welt wird der Motorradmarkt noch stark wachsen, ist es Indien. Dort leistet sich der Mittelstand verstärkt bessere Produkte. Deshalb sehen wir für uns die Möglichkeit, mit unserer Technologie dort einzusteigen. Ich denke, das ist eine interessante Perspektive.
Ich mache mir keine Sorgen, der Umsatz wird in den nächsten zwei Jahren wieder nach oben gehen.

Kennzahlen
» Gründung: 1946
» Gesellschafter: Mahle GmbH
(50 %), König Privatstiftung und König Verwaltungs GmbH & Co KG (42,5 %), MMC Mundorff Management Consulting GmbH (7,5 %)
» Mitarbeiter: 375 (25 Lehrlinge)
» Export: 52 %
» Investitionen: 3 Mill. Euro
» Kunden (u. a.): KTM, Rotax,
Jenbacher, Ducati
Zur Person
Thomas Fessl
Geschäftsführer der Mahle König GmbH, Rankweil
Geboren: 27.2.1965
Ausbildung: Grundschule in Wels (Oberösterreich), HTL für Maschinenbau in Linz, Studium Maschinenbau in Graz
Laufbahn: Tätigkeiten in verschiedenen Unternehmen (Kundenbetreuung, Vertrieb, Projektmanagement) der Automobilindustrie sowie im Investitionsgüterbereich; zuletzt CEO beim Gussprodukte-Hersteller Luitpoldhütte AG in Amberg (D); seit Jänner 2015 Geschäftsführer bei Mahle König
Familie: verheiratet, zwei Töchter (7, 10)