Kleidung im Beruf: Nur nicht zu sehr auffallen

Markt / 27.05.2016 • 22:24 Uhr
Ob im Front Office oder im Büro: Zu individuelle Kleidung wird von den meisten Unternehmen nicht geschätzt.
Ob im Front Office oder im Büro: Zu individuelle Kleidung wird von den meisten Unternehmen nicht geschätzt.

Darf ein Arbeitgeber High Heels vorschreiben? Ist es einem Banker erlaubt, in Bermudas zu arbeiten?

Schwarzach. (VN-sca) Als in Linz ein Busfahrer mit rosafarbenem Haarreif die Passagiere durch die Stadt chauffierte, war das für seinen Arbeitgeber ein Grund zur Kündigung. Und in England wehrt sich eine Frau gegen die Vorschrift, in Stöckelschuhen arbeiten zu müssen. Letztlich mit Erfolg – aber nur deshalb, weil sie gesundheitlichen Schaden davontragen könnte.

Viele Faktoren

Wie man sich als Arbeitnehmer zu kleiden hat, hängt aber von vielen Faktoren ab. Und es kann in ein und derselben Firma sehr unterschiedlich sein – es kommt nämlich darauf an, in welchem Bereich der Arbeitnehmer tätig ist. Generell etwas lockerer sind die Vorschriften im Backoffice. Wer nicht in direktem Kundenkontakt ist, so Christian Maier, Leiter der Abteilung Arbeitsrecht in der Arbeiterkammer Vorarlberg, könne sich in der Regel etwas legerer kleiden. Grundsätzlich gelte es, zwei Interessen unter einen Hut zu bringen. Erstens die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers, und zweitens die Wünsche des Arbeitgebers.

Wenn in einem Produktionsbetrieb Schutzkleidung vorgeschrieben ist – etwa aus hygienischen Überlegungen oder wegen der Arbeitssicherheit, liegt der Fall klar. Diesen Anforderungen muss Genüge getan werden. „Das kann man nicht ablehnen.“ Gibt es aber Vorschriften des Arbeitgebers, die der Gesundheit schaden, wie im Falle der Stöckelschuhe bei einer Empfangsmitarbeiterin, dann ist auch eine schriftliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag nichtig. Wenn ein Bankmitarbeiter aber ein Goldkettchen überm Hemd trägt, dann liegt der Fall anders. Das könnte der Mitarbeiter a) auch unter dem Hemd tragen und b) geziemt es sich z. B. in einer Bank nicht. So jedenfalls der Oberste Gerichtshof, der genau darüber zu entscheiden hatte und befand, dass das Tragen einer goldenen Halskette über dem Hemd massiv von den Vorstellungen abweicht, die die Kundschaft von der Kleidung eines Bankmitarbeiters hat. Ein „Rock­erlass“, wie ihn vor Jahren eine österreichische Ministerin erlassen hat, ist allerdings zu hinterfragen, so Maier. Die besagte Ministerin  verbot damals ihren weiblichen Mitarbeitern, was andere Arbeitgeber gerne hätten: High Heels und Minirock. Gibt es Auffassungsunterschiede über die richtige Kleidung, könnte der Betriebsrat Licht in die Angelegenheit bringen: Er könnte, erklärt Maier, eine Betriebsvereinbarung verhandeln, welche die erlaubte (oder nicht erlaubte) Arbeitskleidung definiert.

Verschiedene Auffassungen

Eine für das Unternehmen unangenehme Situation kann sich ergeben, wenn für Frauen und Männer verschiedene Vorschriften gelten, etwa, wenn im Sommer den Frauen Sommerkleider erlaubt würden, während die männlichen Kollegen Anzug oder Sakko mit Krawatte tragen müssen. Wenn Business-Look, dann für beide Geschlechter. Sonst kann das Diskriminierungsverbot angewendet werden.

Nicht provokativ

Zurückhaltend sollten Mitarbeiter auch mit religiösen bzw. politischen Statements via Kleidung sein. Kopftücher, religiöse Symbole oder T-Shirts mit entsprechenden Aufdrucken dürfen jedenfalls nicht provokativ sein. Und schließlich sollte der Arbeitnehmer auch „geschneuzt und gekampelt“ zur Arbeit erscheinen, also mit ordentlicher Haartracht oder gepflegtem Bart, denn schließlich ist jeder Mitarbeiter auch Repräsentant eines Unternehmens bzw. arbeitet er mit Kollegen zusammen, die sich gestört fühlen könnten.

Auch wenn man Konflikte „von Fall zu Fall betrachten muss“, wie Arbeitsrechtler Maier betont, gibt es doch auch eine gesetzliche Regelung, auf die sich der gemaßregelte Mitarbeiter berufen kann: nämlich die Persönlichkeitsrechte (siehe Factbox links).

Wissen

Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, ABGB § 16: „Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“, heißt es im ABGB, und daraus leitet sich ein Recht auf Privatsphäre ab, zu dem gehört, dass jeder „seine Kleidung und seinen Schmuck frei wählen“ kann. Es müssen gute Gründe des Arbeitgebers sein, dieses Recht einzuschränken.