Die Karenz bremst aus

Markt / 03.06.2016 • 08:54 Uhr
Eine bessere Vereinbarkeit von Kind und Beruf würde die Gehaltseinbußen von Müttern reduzieren.
Eine bessere Vereinbarkeit von Kind und Beruf würde die Gehaltseinbußen von Müttern reduzieren.

Studie untersuchte die Folgen der unterschiedlichen Karenzmodelle auf Karriere und Gehalt.

Karenz. (cro) Wie schnell eine Frau nach der Geburt eines Kindes ins Berufsleben zurückkehrt, hat in erster Linie mit der finanziellen Situation zu tun. Das jedenfalls zeigt eine neue Studie der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen der Uni Linz und der University of Melbourne wurde ein Algorithmus entwickelt, der es möglich macht, Antworten auf die Frage „Was wäre, wenn“ zu geben. Ausgewertet wurden dabei die Daten von insgesamt 31.000 österreichischen Müttern.

Mehrere Pauschalvarianten

In Österreich gibt es mehrere Möglichkeiten, die Karenzzeit in Anspruch zu nehmen. Die kürzeste Pauschalvariante ist 12 + 2. Hierbei bleibt ein Elternteil bis zum vollendeten 12. Lebensmonat beim Baby, der zweite Elternteil hängt nochmals zwei Monate an. Also ist der Nachwuchs insgesamt 14 Monate familiär betreut. Das längste Karenzmodell, das zur Auswahl steht, ist die Pauschalvariante 30+6. Weitere Pauschalvarianten sind 15+3 und 20+4.

Für die Studie stand nun die Frage im Raum: Welche Pauschalvariante wirkt sich wie aus? Dabei zeichnet sich ganz klar ab, dass Mütter sehr genau überlegen: Ist es für mich leistbar, länger daheim beim Kind zu bleiben? Und welche Einbußen würden sich dadurch für meine Karriere ergeben? Welche langfristigen ökonomischen Folgen unterschiedliche Karenzmodelle tatsächlich haben, wurde im Rahmen der Studie ebenfalls beleuchtet. So entscheiden sich karriere­orientierte Frauen, die gut verdienen, eher für kürzere Karenzmodelle. Niedrigverdienerinnen hingegen entscheiden sich bewusst lieber für die längeren Varianten.

4700 Euro Einbuße

Doch egal wie lange nach der Geburt eine Mama daheim bliebt, die finanziellen Einbußen in den ersten beiden Jahren werden von den Wissenschaftlerinnen auf durchschnittlich 4700 Euro pro Jahr geschätzt. „Würden Besserverdienerinnen jedoch länger in Karenz blieben, wären die finanziellen Nachteile noch wesentlich langfristiger und würden bei 15 Prozent liegen“, sagt Koautorin Sylvia Frühwirth-Schnatter, Leiterin des Instituts für Statistik und Mathematik an der WU. Bei den Niedrigverdienerinnen gleichen sich die Einkommensverluste im Laufe der Zeit jedoch wieder aus. „Außerdem ergab sich, dass sich im dritten und im sechsten Jahr nach dem Wiedereinstieg das Gehaltslevel wieder verbessert“, setzten die Forscherinnen fort. Der Grund dafür sei, dass es für diese Altersgruppen bessere Betreuungsmöglichkeiten gebe als für Babys. Die Forderung daher: mehr Angebote, die dabei helfen, Job und Kind miteinander zu vereinbaren.

Arbeiterin benachteiligt

Noch höhere finanzielle Einbußen müssen Arbeiterinnen hinnehmen, unabhängig von der Länge der Karenz. Sie liegen etwa bei zehn Prozent. „Wir vermuten, dass das daran liegt, dass Arbeiterinnen weniger hoch qualifiziert und somit leichter zu ersetzen sind“, so Frühwirth-Schnatter. Ein Tipp noch am Schluss: Wer im selben Unternehmen wieder einsteigt, verringert seine Gehaltseinbußen. „Vermutlich weil sie sich bereits ein Wissen angeeignet haben, auf dem sie aufbauen können“, so die Koautorin.