Bischofberger-Arznei zu teuer – Patent-Streit
Bischofberger-Medikament im Fokus von Patentstreit, weil eine Pille 600 Euro kostet.
München. (VN-sca) „Bei Hepatitis C haben wir ein unglaubliches Präparat, das keine Nebenwirkungen hat, und mit dem man nach zwölf Wochen geheilt ist“, berichtete der Mellauer Biochemiker Norbert Bischofberger im Gespräch mit den VN über eine aktuelle Entwicklung des Pharmaunternehmens Gilead Scienes, bei welchem er Aktionär, Vizepräsident und Leiter der Forschung und Entwicklung ist. Der Erfolg des kalifornischen Unternehmens basiert zu wesentlichen Teilen auf Bischofbergers Forschungsarbeit. Bezüglich des Hepatitits-C-Präparates hat der Mellauer keineswegs übertrieben: „Sofosbuvir“, so der Name des medizinischen Wirkstoffs, wird als ein unentbehrliches Arzneimittel in der Liste der Weltgesundheitsorganisation WHO aufgeführt.
„Soziale Aspekte“
Dass der Wirkstoff Sofosbuvir so gut hilft, könnte, geht es nach der Organisation Ärzte der Welt, für Gilead Scienes wirtschaftlich zum Verhängnis werden. Seit gestern, Dienstag, verhandelt nämlich das Europäische Patentamt (EPA) in München über einen Einspruch gegen das Patent auf den Wirkstoff Sofosbuvir. „Uns sind die sozialen und ökonomischen Aspekte bewusst“, sagte der Vorsitzende der Einspruchsabteilung, Dieter Tzschoppe, zu Beginn. Es gehe aber in dem Verfahren lediglich darum, den erfinderischen Charakter zu klären. Die Organisation Ärzte der Welt hatte das Patent EP2203462 angefochten, da es der Firma erlaubt, den Preis konkurrenzfrei zu bestimmen.
Erst einmal ging es um chemische Formeln. Ein Vertreter der Organisation sagte, es handle sich bei dem Wirkstoff nicht um eine neue Erfindung. Das Pharma-Unternehmen habe in seinen Anmeldedokumenten keine exakte Formel genannt, die zudem schon früher von anderen Forschern beschrieben worden sei. Die Vertreterin von Gilead Scienes sieht das naturgemäß völlig anders; die Formel für Sofosbuvir sei einmalig und auch eindeutig beschrieben.
Günstigere Herstellung
Die Ärzte-Organisation will das Patent zu Fall bringen, um die Herstellung von kostengünstigeren Generika zu ermöglichen. Die Behandlungskosten pro Patient könnten je nach Land derzeit bei bis zu 60.000 Euro liegen. Allein in Deutschland gibt es rund 300.000 Hepatitis-C-Infizierte. Die Krankenkassen seien mit Milliardenkosten konfrontiert. Dem Einspruch haben sich neun Pharmafirmen aus verschiedenen Ländern angeschlossen, darunter Hersteller von Generika. Es gehe nicht darum, alle Patente abzuschaffen, sagt Ute Zurmühl von Ärzte der Welt. Die hohen Preise gefährden aber zunehmend das Gesundheitssystem.
Rund 600 Euro kostet derzeit laut Ärzte der Welt eine einzige Pille des Lebermedikaments. Bis Generika-Hersteller sie womöglich billiger herstellen dürfen, können Jahre vergehen. Denn wie die Einspruchsabteilung des EPA auch entscheidet, voraussichtlich wird die unterlegene Partei Beschwerde einlegen. Dann muss eine Technische Beschwerdekammer entscheiden.