„Russland-Geschäfte sind immer Chefsache“

Markt / 12.10.2016 • 18:35 Uhr
Dietmar Fellner leitete acht Jahre das Moskauer Büro.  Fotos:WKÖ
Dietmar Fellner leitete acht Jahre das Moskauer Büro. Fotos:WKÖ

Dietmar Fellner übergibt nach acht Jahren sein Amt als Handelsdelegierter in Moskau an Rudolf Lukavsky.

MOSKAU. (cro) Der russische Markt ist für jedes Unternehmen eine Herausforderung. Wer Geschäfte machen will, sollte dies auf jeden Fall zur Chefsache erklären, sagt der scheidende Handelsdelegierte Dietmar Fellner.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die in Russland starten möchten?

Fellner: Für einen erfolgreichen Markteintritt in Russland benötigen die Unternehmen einen langen Atem, eine ausreichend hohe Kapitalausstattung sowie die Bereitschaft, sich auf die russische Kultur einzulassen. Nicht vergessen werden darf, dass Russland riesengroß ist. Russland ist stark hierarchisch geprägt. Um dem russischen Geschäftspartner auf Augenhöhe zu begegnen, sollte das Russlandgeschäft daher stets als Chefsache behandelt werden.

Was schätzen die Russen an österreichischen Unternehmen und deren Produkten?

Fellner: Österreichische Waren überzeugen durch ihre Qualität sowie die anschließenden Serviceleistungen und können sich somit gegen die günstige Konkurrenz aus Asien behaupten. Diese Attribute und das Know-how wird es den heimischen Exporteuren auch künftig ermöglichen, sich am russischen Markt zu halten.

Inwiefern wirken sich die Sanktionen gegen Russland negativ aus?

Fellner: Seitens der EU-Sanktionen sind insbesondere die kapitalmarktbezogenen Maßnahmen hervorzuheben, da diese die stärkste Wirkung auf die russische Wirtschaft und indirekt auch auf die österreichischen Exporte haben. Da die fünf größten russischen Banken nicht am westlichen Kapitalmarkt refinanzieren können, haben sie auch keine Möglichkeit, günstige Kredite an russische Unternehmen zu vergeben. Dies fällt auf die Investitionstätigkeit der russischen Unternehmen zurück und somit auch auf die österreichischen Exporte, die fast zur Hälfte aus Maschinen und Anlagen – also aus Investitionsgütern – bestehen. Die Auswirkungen der Sanktionen können nicht genau quantifiziert werden, da diese sehr komplex aufgebaut sind und auch indirekte Folgen in Form von Vertrauensverlust, höheren administrativen Aufwänden, etc. haben.

Wo sehen Sie zukünftiges Marktpotenzial? Welche Waren und Branchen sind gefragt?

Fellner: Der russische Markt bleibt für unsere Firmen weiterhin interessant. Im Zuge der aktuell verstärkten Lokalisierungs- und Importsubstitutionspolitik der russischen Regierung soll die eigene Wirtschaft diversifiziert und verschiedene Industrien modernisiert bzw. auf- oder ausgebaut werden. Österreich kann hier mit seinen Industriegütern einen wertvollen Beitrag leisten. Daneben ist noch die Landwirtschaft hervorzuheben, welche angesichts der russischen Embargomaßnahmen derzeit besonders schnelle Zuwachsraten erfährt.

Rudolf Lukavsky ist seit Oktober neuer Handelsdelegierter.
Rudolf Lukavsky ist seit Oktober neuer Handelsdelegierter.