Vorarlberger Lkw fahren unter fremder Flagge

Markt / 11.05.2017 • 22:19 Uhr
Immer mehr österreichische Frächter flaggen ihre Fahrzeuge aus Kostengründen in billigere Länder aus.
Immer mehr österreichische Frächter flaggen ihre Fahrzeuge aus Kostengründen in billigere Länder aus.

Der Preiskampf im Frachtgewerbe hat für Branche in Vorarlberg große Auswirkungen.

Feldkirch. Die Logos auf den Planen und Lkw sind „vorarlbergerisch“, doch die Kennzeichen sind international. Viele Vorarlberger Frächter fahren nämlich unter fremder Flagge. „Ausflaggen“ ist der Fachbegriff dafür. Er stammt aus der Schiffahrt; dort fahren seit Jahrzehnten die großen Reedereien unter der Flagge von Staaten mit niedrigen Steuern, niedrigen Löhnen und genauso niedrigen Anforderungen im Arbeitsrecht.

Einheitliche Regeln in der EU

Genau diese Eigenschaften sind es, die Frächter ins EU-Ausland locken. Das gehe, so der Sprecher des Güterbeförderungsgewerbes in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Christoph Linder, nur, weil es keine einheitlichen Regeln in der EU gebe und weil der Kostendruck im internationalen Frachtgeschäft immer größer wird. Für einen fairen Wettbewerb brauche es deshalb innerhalb der EU einheitliche Regeln. Darin ist er sich mit der Gewerkschaft einig, die seit Jahren auf die prekären Verhältnisse für die Kraftfahrer aufmerksam macht.

Ausgeflaggt wird freilich nicht nur in Österreich: „Das betrifft auch Deutschland und Frankreich“, so Linder, dessen Lastwagen übrigens unter österreichischer Flagge fahren. Bevorzugte Länder sind Rumänien, Bulgarien, Polen und die baltischen Staaten. Zwischen 500 und 600 Lkw wurden im Land ausgeflaggt, schätzt Linder. Dass aber auch etliche Vorarlberger Transporteure mit Liechtensteiner oder Schweizer Kennzeichen unterwegs sind, sei nicht der Ergebnisverbesserung geschuldet, stellt er klar. Die Niederlassungen in den Vorarlberger Nachbarländern dienen zwar auch dem Geschäft, aber dem in den beiden Ländern selbst. Denn ausländische Transportunternehmen sind stark beschränkt, dürften zwar Waren aus und nach Österreich und die EU liefern, aber nicht innert der Schweiz Transporte durchführen, also etwa nicht in Bern Ware aufnehmen und dann nach St. Gallen transportieren. Sie müssten, so die Gesetzeslage, leer fahren.

55.000 Euro pro Lkw

Der Steuervorteil bei Fahrzeugen im Transportwesen sei vernachlässigbar, glaubt auch der Lustenauer Steuerberater Jürgen Reiner, denn auch in Österreich seien Lkw vorsteuerbefreit. Niedrigere Steuern werden durch höhere Löhne in der Schweiz und Liechtenstein wieder egalisiert, gibt Linder zu bedenken. Bei der Ausflaggung gehe es eindeutig um die Kosten. Im Gegensatz zu österreichischen Fahrern, die den Betrieb monatlich 5000 bis 6000 Euro kosten, beträgt der Lohn eines rumänischen oder bulgarischen Fahrers etwa 1000 Euro, außerdem seien die Kontrollen und die Bestimmungen weit lockerer als in Österreich. Die Verlagerung in den Osten kostet auch den Staat viel Geld. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien spricht von 55.000 Euro, die dem Staat pro Lkw verlorengehen. Und in Österreich sind 20.000 Lkw ausgeflaggt.

Ein fairer Wettbewerb der heimischen Frächter mit der Konkurrenz aus dem Osten Europas wäre, so Frächter-Sprecher Linder derzeit nur durch stärkere Kontrollen möglich.“Was nützen aber die theoretisch besten Gesetze, wenn sie nicht kontrolliert und vollzogen werden?  Keiner der von uns angesprochenen Vertreter der Exekutivorgane fühlt sich zuständig, jeder verweist immer auf den anderen“, klagt Linder.

Keines der Exekutivorgane fühlt sich für Kontrollen zuständig.

Christoph Linder, WKV