„Gerechte Lösung gibt es bei Konkurs nicht“

Markt / 22.06.2017 • 22:19 Uhr
Armin Rupp und Peter Kopf: „Vorbeugen muss man schon früher mit fundiertem Finanzunterricht an den Schulen.“  Foto: VN/Ger
Armin Rupp und Peter Kopf: „Vorbeugen muss man schon früher mit fundiertem Finanzunterricht an den Schulen.“ Foto: VN/Ger

Schuldenberater Kopf und Gläubigervertreter Rupp über den Privatkonkurs neu.

Schwarzach. 373 Privatkonkurse wurden 2016 bei den Vorarlberger Bezirksgerichten eröffnet. Der durchschnittliche Schuldenstand pro Privatkonkurs lag 2016 bei rund 118.000 Euro. Unter den Betroffenen sind zirka 30 Prozent ehemalige Unternehmer mit zum Teil sehr hohen Firmenverbindlichkeiten. Rund 70 Prozent der Verfahren betreffen reine Privatpersonen. Teilt man die Schulden nach diesen Gruppen auf, so zeigt sich, dass die Schulden der „echten“ Privaten im Bereich von rund 52.000 Euro liegen.

Die nun im Justizausschuss des Nationalrats abgesegnete Novelle wird künftig Entlastung für die Schuldner bringen. Im VN-Gespräch diskutieren Armin Rupp, Leiter der Vorarlberger Geschäftsstelle des Kreditschutzverbandes 1870, und Peter Kopf, Leiter der IfS-Schuldenberatung Pro und Contra der neuen Regelung und wie man überhaupt verhindern könnte, in einen Schuldenstrudel zu geraten.

„Das österreichische Insolvenzrecht ist gut und funktioniert seit Jahren, natürlich gibt es Problemzonen“, stellt Rupp fest, der sich mit der nun erzielten Lösung für die besten Regelungen für Schuldner und Gläubiger (siehe Factbox) zufrieden zeigt, wenn ihm auch eine Mindestquote wichtig gewesen wäre: „Eines ist aber schon klar, eine gerechte Lösung gibt es nicht, der Gläubiger muss immer verzichten“, und dass dieser die bestmögliche Lösung bekomme, sei seine Aufgabe.

Für Peter Kopf ist das neue Privatinsolvenzrecht, so es vom Nationalrat nun abgesegnet wird, eine solide Lösung, nicht nur für die Schuldner, auch volkswirtschaftlich. Der Schuldenberater stellt in dem Gespräch in der VN-Redaktion klar, dass die meisten seiner Klienten keine Glücksritter seien, sondern ganz normale Menschen, die durch Schicksalsschläge in die Schuldenfalle getappt sind. Die Begrenzung der Entschuldungsdauer auf fünf Jahre sei dabei eine wertvolle Hilfe, besonders aber, dass es keine Mindestquote mehr gibt. Denn daran sind bisher viele trotz guten Willens gescheitert.

Ja zu Mindestlohn

Für Kreditschützer Rupp ist es wichtig, dass die Schuldner, so sie keine Arbeit haben, aktiv Arbeit suchen müssen, was auch kontrolliert wird, und dass die Menschen genug verdienen, um den Schuldendienst auch bedienen zu können: „Ich befürworte des­halb auch einen Mindestlohn.“ Was Schuldenberater Kopf aus seiner Sicht nur unterstreichen kann.

Privatkonkurs neu ist eine solide Lösung, auch volkswirtschaftlich.

Peter Kopf, IfS

Privatkonkurs neu – die Fakten

» Die Mindestentschuldungsdauer sinkt von sieben auf fünf Jahre. Kern der Reform ist, dass es nicht mehr zwingend zu einer Mindestquote kommen muss, die bisher zehn Prozent betrug. Gültig werden die Änderungen mit 1. November 2017. Hier Fakten zu den neuen Regeln:

» Insolvenzeröffnung: Erfolgt sofort, nicht erst nach Scheitern eines außergerichtlichen Ausgleichs. Wie bisher erfolgt als Erstes ein Exekutions- und Zinsstopp. Dann beginnt die Vermögensverwertung.

» Zahlungsplan: Hier ist neu kein Angebot des Schuldners zum Zahlungsplan notwendig, wenn das Einkommen unter oder nur geringfügig über dem Existenzminimum liegt. Wie bisher braucht es eine Zustimmung der Gläubigermehrheit, auch die Rückzahlungsquote muss voraussichtlich fixiert werden. Großer Unterschied ist, dass die Mindestquote von zehn Prozent fällt. Wie bisher muss man sich auch auf das pfändbare Einkommen der nächsten fünf Jahre und auf Teilzahlungen für maximal sieben Jahre einigen.

» Annahme des Zahlungsplans: Wie bisher kommt es bei Annahme und fristgerechter Erfüllung zur Restschuldbefreiung.

» Ablehnung des Zahlungsplans: Es kommt zum Abschöpfungsverfahren. Hier gibt es die bisherigen sieben Jahre Leben am Existenzminimum nicht mehr und auch die mindestens zehn Prozent der Schulden müssen nicht abbezahlt werden. Man muss zwar weiterhin am Existenzminimum leben, allerdings ohne die Mindestquote. Kürzestmögliche Dauer sind künftig fünf Jahre. Auch der Zahlungsplan läuft mindestens fünf und maximal sieben Jahre.

» Bei der Einhaltung der Verpflichtungen kommt es zur Restschuldbefreiung ohne Erfüllung der bisherigen Mindestquote. Ein Scheitern der Abschöpfung soll nicht mehr geschehen. Bisher lebten dann alle Schulden und Zinsen wieder auf. Künftig soll man dank des Entfalls der Quote die Entschuldung fix schaffen.