“Die meisten Firmen haben einen Plan B”

Madrid, rechnen mit einer Einigung der Streitparteien.VN/Paulitsch
Österreichs Wirtschaftsdelegierte in Barcelona und Madrid raten den Firmen zu Gelassenheit.
Dornbirn Der Konflikt um die Unabhängigkeit Kataloniens schwelt seit Jahrhunderten, dem Fleiß der Separatisten hat dies allerdings nie einen Abbruch getan – als wollten sie den Spaniern zeigen, dass sie besser wirtschaften. In den Jahrhunderten wurden Wunden geschlagen, die nun aufbrechen – auch, weil mit dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und dem katalanischen Regionalregierungschef Carles Puigdemont zwei Hardliner aufeinandertreffen, die den Konflikt mit ihrem Krieg der Worte weiter angeheizt haben. Wie es weitergehen wird, soll heute, Dienstag, im Regionalparlament entschieden werden (siehe A2).
Konsequenzen kleingeredet
Die Stimmen der Wirtschaft habe man dabei bewusst überhört und manipuliert, sind sich die beiden Wirtschaftsdelegierten Andreas Schmid, Barcelona, und Michael Spalek, Madrid, einig. „Die Unternehmerverbände machen jetzt verstärkt Druck auf die Regionalregierung. Aber ihre Warnungen wurden wie beim Brexit kleingeredet“, berichtet Spalek. Die beiden weilten gestern – zusammen mit ihren Kollegen aus anderen europäischen Ländern – zu Beratungsgesprächen mit Vorarlberger Exporteuren in Dornbirn.
Bedeutender Markt
Spanien ist für Vorarlberg ein bedeutender Markt. Im Jahr 2016 wurden Waren für rund 145 Millionen Euro dorthin exportiert – Tendenz steigend. Die österreichischen Exporte liegen bei rund 2,5 Milliarden Euro. Rund 25 Prozent, so die Wirtschaftsbotschafter, werden nach Katalonien geliefert. Umgekehrt ist es genauso: „Rund 25 Prozent der österreichischen Importe aus Spanien stammen aus Katalonien.“ Etwa hundert österreichische Firmen haben in der wirtschaftlich potentesten Region Spaniens Niederlassungen, auch Vorarlberger Unternehmen wie der Sportartikel-Konzern Head, Verpacker Alpla, das Sulner Messtechnikunternehmen Baur oder der Dornbirner Sport- und Eventvermarkter Weirather, Wenzel und Partner haben Niederlassungen bzw. Werke in Katalonien. Derzeit werde die Lage von den Betrieben beobachtet, „und ich bin mir sicher, dass die meisten einen Plan B in der Schublade haben“, falls es zum Äußersten kommen würde.
Bislang habe der Konflikt keine Auswirkungen auf die geschäftlichen Aktivitäten der Vorarlberger, analysieren Schmid und Spalek. „Es besteht kein Grund, nervös zu sein oder in Panik zu verfallen“, beruhigt Schmid, der erst vor Kurzem noch erfolgreich eine Messe in der Regionalhauptstadt durchgeführt hat. Allenfalls könne es zu Lieferverzögerungen kommen, wenn die Streiks und Demonstrationen ausgeweitet werden. Auch wenn die Katalanen nun einseitig die Unabhängigkeit proklamieren, werde vorab alles so bleiben, wie es ist.
Die Wirtschaftsdelegierten glauben allerdings an das Gute. Nämlich daran, dass sich die Streitparteien nun endlich an den Verhandlungstisch setzen und eine Lösung finden werden. „Die Unabhängigkeit wäre der Super-GAU für Katalonien, eine wirtschaftliche Katastrophe.“ Denn die Katalanen sind von den Märkten in Spanien und der EU abhängig, in die sie jeweils 40 Prozent ihrer Produktion liefern. VN-sca