Bundeswettbewerbsbehörde fordert internationale Regeln für digitale Multis

Markt / 20.05.2019 • 19:30 Uhr
 "Wettbewerb sieht anders aus", stellt der oberste Wettbewerbshüter Österreichs in Bezug auf die Gesundheitsbranche und Apotheken fest.dpa
“Wettbewerb sieht anders aus”, stellt der oberste Wettbewerbshüter Österreichs in Bezug auf die Gesundheitsbranche und Apotheken fest.dpa

Theo Thanner, Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde, schlägt Alarm: “Konzerne können nicht selbst Regeln machen.”

Bregenz Wettbewerbs-, Kartell- und Lauterkeitskeitsrecht waren die Themen des Legal Days der international aufgestellten Wirtschaftskanzlei Eversheds Sutherland, die mehr als 2800 Anwälte in 68 Büros in 34 Ländern beschäftigen. Im Seestudio des Festspielhauses verzichtete man denn auch auf die gute Aussicht und informierte Kunden aus der DACH-Region über neueste Entwicklungen zum Wettbewerbsrecht, das bei Missachtung ernsthafte Probleme verursachen kann. Es geht um Fragen wie Hausdurchsuchungen bei vermuteten Wettbewerbsverletzungen, Schadenersatzansprüche und wie mit Geschäftsgeheimnissen umzugehen ist.

„Es ist ein digitaler Pakt notwendig, und es müssen auch ethische Regeln verankert werden. “

Theodor Thanner, Generaldirektor Bundeswettbewerbsbehörde

Aus erster Hand wurden die Juristen und Firmenvertreter von Theodor Thanner, dem Generaldirektor der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde, über aktuelle Entwicklungen in Österreich und international informiert. In Vorarlberg wirbelte seine Behörde wegen Preisabsprachen vor vier Jahren ordentlich Staub auf, derzeit, so Thanner, im Gespräch mit den VN, gebe es keine aktuellen Untersuchungen im Land. Nachdem der Lebensmittelhandel Schwerpunkt für die Wettbewerbsschützer war, steht heuer die Gesundheitsbranche im Mittelpunkt, so Thanner. Konkret spricht er die Apotheken und Pharmaproduzenten an.

Bei Apotheken kritisiert er den Gebietsschutz. “Wettbewerb sieht anders aus”, stellt er dazu fest. Es gehe dabei auch um das Thema Hausapotheken. Dass Ärzte diese nicht mehr führen dürfen, sei gerade am Land ein Nachteil. Zum einen, weil den Ärzten damit ein wichtiger Bestandteil ihrer Einkünfte fehlt, was wiederum dazu führe, dass der Ärztemangel am Land zunehme, zum anderen, weil “eine alte Frau mit Rollator ihre Medikamente nicht mehr mitkriegt, sondern nochmals fünf Kilometer zur nächsten Apotheke gelangen muss”. Aber nicht nur die Apotheker, auch die Produzenten stehen im Fokus der Wettbewerbshüter, denn auch da gebe es Dinge, etwa der Aufkauf von Patenten, die den freien Wettbewerb behindern und den Patienten teuer kommen.

Internationale Regeln dringend erforderlich

Das wichtigste Thema für die Wettbewerbsschützer ist aber die digitale Wirtschaft, konkret die digitalen Champions, die bislang nicht unter Kontrolle zu bringen sind. Es gehe nicht an, dass sich die Giganten von Google bis Facebook ihre Regeln selbst machen. “Es braucht ein internationales Regulierungsinstrument”, stellt er fest. Und damit meint er nicht auf EU-Ebene – das auch – , sondern global. “Da gibt es genau nichts”, warnt er, ein digitaler Pakt sei notwendig. Es gebe wohl ein steigendes Problembewusstsein, doch keine Lösungen. Beispiele für die Schädigung von Verbrauchern nennt er auch: etwa die Steigerung der Flugpreise bei der Lufthansa nach dem Air-Berlin-Aus. Wenn man da von Algorhytmen spreche, wundere ihn schon sehr, dass da alles koordiniert war mit der Verfügbarkeit von Flugzeugen. Oder die selbst erstellten Regeln, die politischen Einfluss definieren bei Twitter, die Fake News Tür und Tor öffnen. Denn auch die ethischen Regeln gehören festgelegt, denn soziale Medien und Digitalisierung haben längst eine fünfte Gewalt im Staat geschaffen, “die digitale Gewalt”.