Infiziert das Coronavirus auch die Konjunktur?

Börsenexperte Karl-Heinz Strube über die Auswirkungen von Covid-19.
Bregenz Aktuelle Nachrichten über die Ausbreitung des neuen Coronavirus (Covid-19) von Zentralchina aus erreichen uns im Stundentakt. Inzwischen rät das Bundesgesundheitsministerium von Reisen in das Land ab und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen. Gleichwohl hält die WHO eine Beschränkung des Warenaustauschs mit China nicht für notwendig und warnt vor übertriebenen Ängsten.
Weniger entwickelte Länder wirtschaftlich stärker betroffen
Je entwickelter ein Land ist, umso besser kommt es in der Regel auch wirtschaftlich mit Epidemien bzw. Pandemien zurecht. Insbesondere weisen solche Länder ein leistungsfähigeres Gesundheitswesen, bessere hygienische Verhältnisse und eine effiziente Verwaltung zur Umsetzung von Vorbeuge- und Schutzmaßnahmen etc. auf. Auch ist die Bevölkerung meist besser informiert, um sich richtig verhalten zu können. Für entwickelte Länder schätzt die WHO den drohenden volkswirtschaftlichen Verlust im Falle eine Pandemie auf Werte von deutlich unter 0,5 % des BIP, in Entwicklungsländern können sich die Verluste dagegen auf bis zu 2 % des BIP belaufen.
Auswirkungen auf globale Konjunktur eher gering
Die globale Konjunktur wird durch derartige Ereignisse meist nur in geringem Maße in Mitleidenschaft gezogen. Vergleiche mit bisherigen Pandemien zeigen, dass die Kosten in Prozent der Weltproduktion gering sind. Sie sind umso niedriger, je höher ein Land entwickelt ist. Einzelne Staaten können aber hart getroffen sein, wie der SARS-Ausbruch 2002/03 zeigte. Die Reaktionen der chinesischen Führung sind bis dato beispiellos. Über rund 56 Mio. Menschen wurde eine Quarantäne verhängt, die Ferien über das chinesische Neujahr hinweg wurden verlängert, öffentliche Veranstaltungen in großen Städten wurden abgesagt.
Auswirkungen auf Europa
Aus europäischer Sicht ist die Gefahr einer massiven Konjunkturstörung bislang gering. Soweit etwa die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zurückgeht, wird sie nach aller Erfahrung in den Folgequartalen weitgehend aufgeholt. Für einen massiven Konjunktureinbruch müsste die Verbreitung von Covid-19 ein ähnliches Ausmaß annehmen wie die „Spanische Grippe“ (1918 bis 1920). Hierfür gibt es aber derzeit keinerlei Anzeichen. Im Gegenteil: Die Konstitution der Menschen (Ernährung, Gesundheit) ist heute besser und vor allem Gesundheitssystem und Verwaltung sind gut vorbereitet. Zudem ist die internationale Zusammenarbeit der nationalen Behörden beispielsweise durch die WHO besser organisiert als noch vor 100 Jahren. Die wirtschaftlichen Folgen der gegenwärtigen Pandemie dürften also außerhalb Chinas – und erst recht innerhalb Europas – beherrschbar bleiben.
Karl-Heinz Strube, CIIA, ist Leiter Asset- und Portfoliomanagement bei der Hypo Vorarlberg Bank AG