Minus 64 Prozent: Wie der Autohandel unter Corona leidet

Markt / 23.04.2020 • 16:00 Uhr
Minus 64 Prozent: Wie der Autohandel unter Corona leidet
Neuwagengeschäft im Land steht praktisch still. Ab 2. Mai sind auch die größeren Verkaufsräume wieder geöffnet. VN/PAULITSCH

Neuzulassungen im März eingebrochen. Händler brauchen langen Atem durch die Krise.

Nüziders Es sind dies die stärksten Monate im Autogeschäft. Zwischen März und Juli brummt der Verkauf von Neuwagen. Für gewöhnlich ist das so. Mit dem Coronavirus kränkelt die Branche jedoch massiv: Der Autohandel ist praktisch zum Erliegen gekommen. Das zeigen jüngste Zahlen, die den VN vorliegen. 503 Autos wurden im März neu zugelassen, 913 weniger als im Vorjahr. Mit einem Minus von 64 Prozent ist der Markt regelrecht eingebrochen. Die April-Bilanz dürfte noch schlechter ausfallen. Größere Verkaufsräume sind behördlich noch bis 2. Mai geschlossen. In die kleinen verirrt sich kaum Kundschaft. “Es ist eine schwierige Situation für die Betriebe”, sagt Rudi Lins jun., Eigentümer eines der größten Autohäuser im Land und Sprecher der Branche.

Die Coronakrise setzt dem Autohandel stark zu. Eine rasche Trendwende scheint unwahrscheinlich. Im Gespräch mit den VN orten Händler eine Verunsicherung bei den Privatkunden und Investitonszurückhaltung bei Firmen. Eine Mischung, die für die nächsten Monate wenig Gutes bedeutet. Es werde wohl einen langen Atem brauchen, so Lins weiter. Ob den alle der rund 300 Betriebe im Land haben werden, ist unwahrscheinlich. Für jene, die schon geschwächt in die Krise kamen, wird es prekär. “Einige werden das nicht überleben”, sagt der Fachgruppensprecher, der auch den Zeitpunkt als problematisch betrachtet. Viele Unternehmen hätten zuletzt wegen des Strukturwandels in der Branche kräftig investieren müssen.

Ruf nach Ökoprämie

Zuletzt hatten Vorarlbergs Autohäuser rund 15.000 Neufahrzeuge im Jahr abgesetzt. Im ersten Quartal liegt das Minus bei rund einem Drittel. Es brauche jetzt einerseits die Unterstützung der Autoimporteure und zum anderen staatliche Incentives, wie etwa eine Ökoprämie zur Verschrottung alter Autos. Das könnte zu einer Stimmulierung des Marktes führen, glaubt Lins.

Durchhaltevermögen ist jedenfalls gefragt, davon ist auch Christoph Gerster, der mit seinem Autohaus mehrere Standorte und unterschiedliche Schauraumgrößen betreibt, überzeugt. Hoffnungen ruhen auf dem 2. Mai, wenn alle Verkaufsräume wieder öffnen dürfen. Einzelne Gewerbekunden hätten zusätzlichen Bedarf, bei Privaten verspüre man allerdings eine Art Schockstarre. Gerster rechnet mit einer Art Normalisierung erst ab dem Herbst. Zu Kündigungen sei es bisher nicht gekommen. “Wir haben im Gegenteil drei Stellen aufgebaut”, so der Firmenchef, der das Modell der Kurzarbeit als wichtige joberhaltende Maßnahme lobt.

Stabiles Werkstättengeschäft

Über ein mittlerweile wieder stabiles Werkstättengeschäft berichtet Ernst Ellensohn. Auch in seinen Betrieben wird, wo es notwendig ist, kurz gearbeitet. Neuwagen werden ab Mai wieder verkauft. Bei aller Zurückhaltung glaubt er, das Geschäft könne schon früher wieder Fahrt aufnehmen. Ellensohn rechnet mit einer Verschiebung vom Frühjahr in den Sommer, der heuer ja andere Vorzeichen habe. “Viele werden nicht in Urlaub fahren, das könnte helfen.”

Kleinere Betriebe, wie etwa die Wäldergarage von Arndold Meusburger in Alberschwende, haben die Schauräume seit Dienstag nach Ostern bereits wieder offen. Mit dem Jung- und Gebrauchtwagenverkauf sowie dem stabilen Werkstättengeschäft zeigt sich der Händler zufrieden. Die Zurückhaltung beim Neuwagenkauf sei aber stark spürbar, so seine Erfahrungen seit der Wiedereröffnung.

Kfz-Neuzulassungen 2019/2020

Jänner 2019: 1127 Fahrzeuge/ Jänner 2020: 1010 Fahrzeuge (-10,3 Prozent)

Februar 2019: 1106 Fahrzeuge/ Februar 2020: 881 Fahrzeuge (-15,3 Prozent)

März: 2019: 1416 Fahrzeuge/ März 2020: 503 Fahrzeuge (-64 Prozent)

VN-Umfrage unter Autohändlern im Land

Wir haben für unsere 155 Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet, mussten so niemanden kündigen und konnten sogar drei neue Mitarbeiter einstellen. Bei den Kunden ist eine Art Schockstarre spürbar. Ich rechne auch nicht damit, dass sich die Lage rasch ändern wird. Eine Normalisierung wird es wohl erst im Herbst geben.

Christoph Gerster, Autohaus Gerster

Wir haben seit Dienstag nach Ostern den Verkauf wieder geöffnet. Wir achten dabei stark auf die Vorschriften wie Abstand, Desinfektion und Mundschutz. Das wird von den Kunden mitgetragen. Das Jung- und Gebrauchtwagengeschäft läuft ganz gut. In der Werkstatt haben wir wieder Vollbetrieb. Was aber schon stark spürbar ist, ist die Zurückhaltung beim Neuwagengeschäft.

Arnold Meusbruger, Wäldergarage

Im Moment ist es für uns alle eine schwierige Situation. Auch wir haben Kurzarbeit angemeldet und gute Erfahrungen gemacht. Die Krise ändert nichts an unseren umfangreichen Investitionsplänen. Wir glauben an die Zukunft und ziehen die Projekte durch. Die Bautätigkeit läuft nach Plan.

Rudi Lins jun., Autohaus Lins
Minus 64 Prozent: Wie der Autohandel unter Corona leidet
Manfred Ellensohn, Autohaus Ellensohn Rankweil

Das Werkstattgeschäft läuft mittlerweile wieder im Vollbetrieb. Beim Neuwagenverkauf sind Prognosen schwierig. Wir hätten jetzt eigentlich den Peak. Ich bin optimistisch, dass es nicht erst im Herbst wieder aufwärtsgeht, sondern rechne mit einer Verschiebung des Geschäfts in die Sommermonate, die heuer ja unter anderen Vorzeichen stehen.

Ernst Ellensohn, Toyota und Lexus Ellensohn