Umwelt keine Frage der Moral

Pionier Michael Braungart erarbeitet für Vorarlberg Cradle-to-Cradle-Studie.
Dornbirn Dass die von ihm entwickelten Möbel-Bezugsstoffe tatsächlich essbar sind, musste Michael Braungart schon des Öfteren unter Beweis stellen. Aber der Mitbegründer des Cradle-to-Cradle-Prinzips ist stolz darauf, dass es mittlerweile 11.000 Produkte gibt, die entweder kompostierbar sind oder später wiederverwertet werden können und somit keinen Abfall erzeugen.
Nun wird Michael Braungart im Auftrag der Wirtschaftskammer eine Cradle-to-Cradle-Studie für Vorarlberg erstellen, um aufzeigen, welches Potenzial in Sachen Kreislaufwirtschaft vorhanden ist. „Vorarlberg hat die Sensibilität dafür und es ist eine Region, in der sich die Menschen vertrauen und in der es einen Willen zur Veränderung gibt. Denn es braucht eine kritische Masse an Menschen, die etwas ändern wollen. Cradle-to-Cradle-Produkte können die Welt inspirieren und verändern“, betont Braungart im VN-Gespräch.
Es gebe bereits Beispiele von Unternehmen, die auf Cradle-to-Cradle-Produkte setzen. So wie Wolford mit seiner biologisch abbaubaren Kollektion.
FFP2-Maske und Farbe
Jedes Produkt sei kreislauffähig, sagt der Pionier. Holzfarben genauso wie Bodenbeläge oder FFP2-Masken. Damit sehe man den Beweis, dass es funktioniere. Denn Umweltschutz ist für ihn klar ein Innovations- und Qualitätsthema, kein Moralthema.
Denn die Moral werde viel zu leicht vergessen. „Wer auf der Autobahn im Stau steht und die Spur wechselt, verursacht den nachfolgenden Autofahrern 200 Mal mehr Verzögerung, als dass er selbst an Zeit gewinnt“, gibt Braungart ein Beispiel. Deshalb müssen Produkte oder Gebäude von vornherein so intelligent gestaltet sein, dass sie nützlich sind und nicht einfach nur weniger schädlich.
Kunde als Feind
Deshalb hält er auch vom Begriff Nachhaltigkeit nichts. „Mit Nachhaltigkeit optimiert man das Bestehende. Zudem hat sie den Kunden zum Feind, weil es eigentlich immer besser wäre, er würde ein Produkt gar nicht erst kaufen.“ Teurer seien C2C-Produkte nicht. „Die Möbel-Bezugsstoffe sind 20 Prozent günstiger in der Herstellung, weil kein Müll entsteht und der Arbeitsschutz viel einfacher ist. Zudem ist das Produkt nützlich.“
Wenn Produkte nicht biologisch abbaubar sind, steht die Wiederverwertung im Fokus. Braungart plädiert deshalb dafür, gewisse Produkte als Dienstleistung zu verkaufen. Also nicht die Waschmaschine, sondern 3000 Mal waschen oder nicht den Bodenbelag, sondern die Nutzung über zehn Jahre. „Danach bekommt der Hersteller das Material zur Wiederverwendung zurück. So bleiben die Produkte in Stoffkreisläufen.“ VN-reh
„Cradle-to-Cradle-Produkte können die Welt inspirieren und verändern.“