Mehr Schein als Sein

Zahl der Scheinfirmen nimmt zu, heuer 83 rechtskräftig bestätigt.
Bregenz Erst kürzlich wurde mit der Opteryx GmbH eine Scheinfirma in Bregenz aufgedeckt: laut Firmenbuch hat das Unternehmen binnen vier Jahren fünfmal seinen Firmensitz und den Geschäftszweig geändert. Zudem ist es ein Tochterunternehmen der Opteryx Security Solution Steingasse 6a LTD in London. Die Rechtsform Limited ist der GmbH relativ ähnlich: die Gesellschafter haften nicht mit ihrem Privatvermögen. Ein Vorteil gegenüber der GmbH ist aber, dass bei der Einlage des Stammkapitals keine bestimmte Höhe gefordert ist. Das macht diese Rechtsform anfällig für Scheinfirmen.
Scheinfirmenkonstrukte
Die klassische Branche für Scheinfirmen ist der Baubereich. Das System der Sub- und Sub-Sub-Vergabe von Aufträgen sei nahezu perfekt dazu geeignet, derartige Konstrukte aufzuziehen. Am Beispiel der Opteryx GmbH ist aber zu sehen, dass es nicht ausschließlich diese Branche betrifft. Nach einem Einstieg in den Food-Bereich kümmert sich die Firma nun um Projektentwicklung von Immobilien. Laut Stefan Trittner, Stv. Sprecher des Finanzministeriums, ist auch der Security- oder Reinigungsbereich gut dafür geeignet.
Den meisten Ertrag holen sich Scheinfirmen, indem sie bei Steuern und Abgaben sparen. Beispielsweise indem Dienstnehmer nicht angemeldet werden und keine Lohnsteuer bezahlt wird oder durch Weitergabe im B2B-Bereich, indem die Vorsteuer kassiert, aber die Umsatzsteuer nicht abgeführt wird. Da die Umsatzsteuer EU-weit großteils einheitlich behandelt wird, können sich diese Organisationen über beinahe ganz Europa erstrecken.
Die Zahl der Scheinfirmen ist steigend, seit 2018 gibt es eine eigene Taskforce für die Sozialbetrugsbekämpfung, die auch missbräuchliche Verwendung von Privatpersonen aufdeckt. Das beinhaltet zum Beispiel den widerrechtlichen Erhalt von Familienbeihilfe oder Notstandshilfe. 2020 gab es österreichweit 73 rechtskräftig bestätigte Scheinfirmen, 2021 beläuft sich diese Zahl per Mitte Oktober auf 83. Diese Erhöhung ist nach der steigenden Kontinuität der letzten Jahre nicht nur auf die Pandemie zu schieben. In Vorarlberg sind es heuer drei, laut Trittner ist es für Scheinfirmen einfacher, sich in der Anonymität der Großstadt anzusiedeln, als in Vorarlberg.
Die Finanzpolizei werde üblicherweise im Zuge ihrer regulären Kontrollen auf solche Konstrukte aufmerksam. Bei einem Verdachtsfall wird geklärt, ob es sich nur um eine Postkartenadresse handelt, und der Geschäftsführer geprüft. Wenn sich der Verdacht erhärtet, wird ein Bescheid zugestellt. Sobald dieser rechtskräftig ist, wird die Scheinfirma in ein öffentlich einsehbares Register eingetragen. Per dato sind dort 506 Unternehmen vorhanden.
Im Falle des eingetragenen Bregenzer Unternehmens werden das Finanzamt und die ÖGK informiert und Arbeitsverhältnisse geprüft. Dabei wird festgestellt, ob es Dienstnehmer gibt und wer der Dienstgeber ist. Laut Rose-Marie Mennel von der ÖGK-Pressestelle Vorarlberg ist dies ein oft schwieriges und langwieriges Verfahren. Kann niemand ausfindig gemacht werden, werden die Dienstnehmer abgemeldet. Im Falle des laufenden Verfahrens der Opteryx GmbH gibt die ÖGK keine Stellungnahme ab. Ob die fälligen Steuern und Abgaben aber bei den wahren Machthabern einbringlich gemacht werden können, darf durchaus infrage gestellt werden. VN-SUB