Welche Corona-Helden jetzt angepöbelt werden

Markt / 19.08.2022 • 17:35 Uhr
Auch wenn man mit beiden Händen serviert, gibt es wegen Mitarbeitermangels Wartezeiten. Gäste reagieren darauf mit Unmut. <span class="copyright">Apa/RS</span>
Auch wenn man mit beiden Händen serviert, gibt es wegen Mitarbeitermangels Wartezeiten. Gäste reagieren darauf mit Unmut. Apa/RS

Gastro- und Handelsmitarbeiter klagen zunehmend über agressive Kunden.

Schwarzach, Feldkirch In einem Unterländer Lebensmittelmarkt kam es dieser Tage zu einem Schreiduell, weil eine Kundin nicht sofort und wie sich herausstellte überhaupt nicht bekam, was sie wollte. Die Folge: Wüste Beschimpfungen der Verkäuferin und der Filialleiterin. Für die Kundin endete der Ausraster mit einem Hausverbot in dem Markt, der nicht genannt werden will, um nicht Nachahmer ins Geschäft zu locken. Nicht nur im Handel liegen die Nerven blank, auch im Gastgewerbe werden die Mitarbeiter, die ob der Personalnot eh schon überfordert sind, immer öfter angepöbelt.

Langzeitfolgen

Corona zeigt nicht nur gesundheitliche, sondern auch gesellschaftliche Langzeitfolgen, die so massiv zugenommen haben, dass sich jetzt Alexander Kappaurer, Sprecher des Vorarlberger Lebensmittelhandels, und der Bregenzer Gastronom Stefan Köb im Namen der Gastronomie an die Bevölkerung wenden und “um mehr Verständnis für die Personalsituation und respektvollen Umgang mit Mitarbeitenden”, die z. B. im Lebensmittelhandel in der Coronazeit ob ihres Einsatzes als Helden gefeiert wurden, bitten.

„Wir erleben vermehrt fehlende Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeitern.“

Alexander Kappaurer, Sprecher Vorarlberger Handel

Die Verdienste der Handelsmitarbeiter und auch die schwierige Lage der Gastronomiemitarbeiter, die am längsten von allen Berufsgruppen vom Lockdown betroffen waren und nicht arbeiten konnten, sind vergessen, die andauernde Mehrarbeit dieser Mitarbeiter wegen des Personalmangels wird von einem Teil der Kunden negiert. “Zwar verhält sich die überwältigende Mehrheit der Menschen beim Einkauf und Konsumieren freundlich im Umgang mit den Mitarbeitenden, doch immer öfters zeigen die Kundinnen und Kunden und Gäste kein Verständnis für die personalbedingte Lage in den beiden Branchen”, berichten Kappaurer und Köb.

Appell an die Kunden

Kappaurer und Köb appellieren an die Kundinnen und Kunden und Gäste, mehr Verständnis zu haben, wenn nicht sofort alle Wünsche erfüllt werden können: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun ihr Bestes, um die Kunden und Gäste zu bedienen. Bitte berücksichtigen Sie, dass hier auch nur Menschen am Werk sind, die nicht vor Stress und Belastung im Alltag gefeit sind.“ Die verstärkten Spannungen könnten zu noch größeren Personalproblemen führen,  denn immer mehr würden jetzt das Handtuch werfen. Erste Kündigungen habe es deswegen schon gegeben. Kappaurer: „Als Sofortmaßnahme werden Schulungen für Mitarbeitende zu den Themenbereichen Resilienz und Stressmanagement angeboten, um den Umgang mit schwierigen  Kunden besser bewältigen zu können.“