Was tun gegen die hohe Inflation?
Für Ökonom Göttert sind Leitzinserhöhung und Ausstieg aus Staatsanleihen probate Mittel.
Schwarzach Die Inflation ist so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr, im Jänner waren es mehr als elf Prozent. Für das laufende Jahr werden noch 6,3 Prozent erwartet. Die Teuerung wird nicht so schnell verschwinden. Die Europäische Zentralbank erhöhte zuletzt mehrfach den Leitzins, doch für eine Trendwende reichte das bislang nicht. Was müsste passieren, damit die Inflation zurückgeht? Die VN haben dazu mit Ökonom Marcell Göttert (Agenda Austria) gesprochen:
Wieso ist die Inflation so hoch?
Der Großteil der Ökonomen führt die hohen Inflationsraten auf den Anstieg der Energiepreise im Zuge des Ukraine-Konflikts zurück. Doch bereits vor Kriegsbeginn war die Inflation auf einem deutlich erhöhten Niveau. Die Wirtschaft hatte sich rascher als erwartet von Corona erholt. Das Wachstum trieb die Energiepreise an. Außerdem ließ die Pandemie viele Lieferketten reißen und schwächte damit das Angebot, das dann auf eine hohe Nachfrage traf. Mit Beginn der Kampfhandlungen in der Ukraine im Februar 2022 schossen die Energiepreise durch die Decke. Es gibt aber auch andere Gründe: Mit dem Anleihekaufprogramm versuchte die EZB 2020 die niedrige Inflationsrate zu erhöhen. Darüber hinaus wurden zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise milliardenschwere Hilfsprogramme beschlossen. Diese heizen die Inflation weiter an.
Was sollte die EZB tun?
Eine Leitzinserhöhung ist das klassische geldpolitische Instrument, um eine hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Durch eine Zinserhöhung bis über das Niveau der Kerninflation (7 %) werden Kreditaufnahmen für Firmen unattraktiv, und sie investieren weniger. Das Wirtschaftsleben kühlt etwas ab, die Unternehmen erhöhen ihre Preise nicht so schnell. Zudem braucht es den Ausstieg aus den Staatsanleihen. Dem Markt muss wieder Geld entzogen werden. Drittens braucht es gezielte Hilfe statt Gießkanne. Der Staat reagierte mit sehr breitflächigen Hilfsprogrammen. Richtig wäre es, nur die ärmsten Haushalte ganz gezielt zu unterstützen. Und Maßnahmen wie die Strompreisbremse mögen rein rechnerisch die Inflation in einem bestimmten Zeitraum senken. Doch das wird mit viel Geld erkauft und ist sozial nicht treffsicher.
Folgt eine Rezession, wenn die Zinsen steigen?
Wenn die EZB den Leitzins erhöht und die Anleihekaufprogramme umkehrt, wird sich das natürlich negativ auf die Wirtschaft auswirken. Doch die Hauptaufgabe der EZB bleibt die Inflationsbekämpfung und nicht die Konjunkturbelebung. Zur Abfederung der Rezession gibt es bereits zahlreiche fiskalische Maßnahmen. Ein rasches Einschreiten der EZB ist mit Schmerzen verbunden. Doch würde sie es nicht tun, wären die Kosten in der Zukunft nur umso höher.