Bei Erne Fittings wartet man noch auf Millionen an Corona-Unterstützungen
Gute Geschäfte in Middle East und den USA, Europa fällt zurück, weil Infrastrukturprojekte nicht umgesetzt werden.
Schlins Beim Rohrverbindungshersteller Erne Fittings mit Stammsitz in Schlins laufen die Geschäfte aktuell geografisch recht unterschiedlich. Angesprochen auf die aktuelle Entwicklung sagt CEO Matthias Kaufmann, dass das Geschäft in Middle East derzeit “ganz ordentlich” laufe. Nach der Corona-Pause hätten dort viele Kunden aus dem Öl- und Gasgeschäft einen großen Nachholbedarf bei Investitionen. “Der dortige Markt ist derzeit für uns eine wichtige wirtschaftliche Stütze.” In den USA würde sich das Investitionsklima nach einem guten ersten Halbjahr 2023 derzeit etwas eintrüben.
Nachfragerückgang in Europa
In Europa sehe die Realität unterdessen anders aus. “Wir sehen einen Nachfragerückgang von bis zu 40 Prozent. Viele Infrastrukturprojekte, dazu gehören auch Fernwärmeleitungen, werden nicht umgesetzt, weil offenbar die EU-Förderungen noch fehlen.” Dazu kämen Rezessionsängste und die hohe Inflation. Deshalb sei es für Erne Fittings sehr wichtig, in mehreren Gebieten weltweit tätig zu sein, um solche Entwicklungen ausgleichen zu können.
Warten auf 2,7 Millionen
Deutlich verärgert zeigt sich Kaufmann unterdessen über die schleppende Abwicklung von finanziellen Unterstützungen, die Erne Fittings aufgrund der Folgen der Bekämpfung der Corona-Pandemie zustehen würden. So warte das Unternehmen seit zwei Jahren auf den Verlustersatz in Höhe von 2,3 Millionen Euro. Dazu kommen noch einmal 400.000 Euro aus dem Energiekostenzuschuss, auf den man seit November 2022 warte.
“Wenn man bedenkt, dass sich die Rohrpreise in den vergangenen Monaten verdoppelt und die Energiepreise für uns vervierfacht haben, dann zeigt dies, mit welchen Herausforderungen wir konfrontiert sind.” Dass die öffentliche Hand in so einer Situation zugesagte Mittel in solchen Dimensionen nicht ausbezahle, könne er nicht mehr nachvollziehen.
Erfreuliche Nachrichten
Sehr erfreulich sei indes, dass Erne Fittings vor wenigen Monaten erstmals vom TÜV zertifizierte Rohrverbindungen für den Bau von Wasserstoff-Pipelines oder anderwärtigen damit gefüllten Rohren auf den Markt gebracht hat. Derart zertifizierte H2-ready Rohrverbindungen (Fittinge) sind in fast allen Fällen die zentrale Voraussetzung dafür, dass die Fittinge in Bereichen zum Einsatz kommen dürfen, wo höchste Sicherheitsstandards gelten.
Damit, so Kaufmann, nehme man weltweit eine Führungsrolle ein. Die Fittinge seien deutlich diffusionsärmer als “herkömmliche” Fittinge, da ansonsten der Verlustanteil beim Transport zu hoch wäre. Der TÜV habe dabei den gesamten Produktionsprozess samt Qualitätsmanagement geprüft und dem Unternehmen dabei “ein tiefes Verständnis für die Wasserstoff-Thematik” attestiert. In den H2-ready Fittingen könne man nicht nur Wasserstoff, sondern etwa auch Erdöl und Erdgas transportieren.
Junge Thematik
Bislang habe man die neuen Produkte, die eine mehrjährige Entwicklungszeit hatten, noch nicht an einen Projektbetreiber verkauft. Dafür sei die Wasserstoff-Thematik auch noch zu jung, so Kaufmann. Erne Fittings sei jedoch dafür gerüstet, wenn die Nachfrage steige. “Wir rechnen damit, dass dies erst in drei bis fünf Jahren der Fall sein wird. Man baut in der Regel nicht innerhalb von wenigen Monaten eine Pipeline, schon gar nicht in Europa.” Er rechne jedenfalls damit, dass Öl und Gas noch sehr lange nicht zu größeren Teilen durch Wasserstoff ersetzt werden.
Qualität als Daseinsberechtigung
Erne Fittings ist auf die Entwicklung und Produktion von Fittingen spezialisiert, die zumeist in hochsensiblen Bereichen, wie in Öl- und Gas-Pipelines oder in Atomkraftwerken sowie in Fernwärmenetzen, zum Einsatz kommen. “Wir sind als Premium-Hersteller ausschließlich in jenen Bereichen tätig, wo die Produkte eine Zulassung oder eine externe Prüfung benötigen. Das ist die zentrale Daseinsberechtigung von Erne Fittings, da diese Teile viel Geld kosten”, so Kaufmann.
Denn über den Preis müsse man in Europa keine Fittinge mehr verkaufen. Kunden wie Shell oder insbesondere Saudi Aramco hätten intern höchste Qualitätsansprüche, die man erfüllen müsse. “Wir haben eine Reklamationsquote von nur 0,1 Prozent und dabei geht es zumeist um die Liefermenge.”
Erne Fittings beschäftigt an den Standorten Schlins, Mürzzuschlag und al-Dschubail (Saudi Arabien) rund 350 Mitarbeiter.
