4,25 Prozent: Zinsen steigen zum neunten Mal in Folge

EZB erhöht weiter – mit Folgen für Sparer und Kreditnehmer. Ist Zinsgipfel erreicht?
Frankfurt, Bregenz Im Kampf gegen die nach wie vor hohe Inflation im Euroraum hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen zum neunten Mal in Folge erhöht. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag eine Anhebung um weitere 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf 4,25 Prozent. So hoch war dieser zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise Anfang Oktober 2008. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,75 Prozent Zinsen.
Die erneute Leitzinserhöhung habe man „erwartet“, sagt Michael Alge, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg, zu den VN.
Worin liegen die Gründe der EZB?
Die EZB strebt ein Inflationsziel von zwei Prozent an. Zwar schwächte sich die Inflation im Juni ab. Die Rate liegt aber weiterhin deutlich über dem Ziel, bei dem die Notenbank Preisstabilität gewahrt sieht. Höhere Teuerungsraten lassen die Kaufkraft der Menschen schwinden. Verbraucher können sich für ihr Geld weniger leisten. Sie treten beim Konsum auf die Bremse. Das belastet das Wirtschaftswachstum, für das der private Konsum eine wichtige Stütze ist. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. „Für Preisstabilität zu sorgen, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken, und die EZB hat leider zu spät damit begonnen, die Zinsen zu erhöhen“, so Michael Alge.
Wie geht es weiter?
„Ob beziehungsweise wann der Zinsgipfel in der Eurozone erreicht sein wird, hängt insbesondere von der Entwicklung der Inflation in den kommenden Monaten ab“, sagt der Raiffeisen-Vorstandschef. „Zinserhöhungen wirken erst mit Verzögerung, und trotz rückläufiger Inflationsraten liegt die Teuerung in der Eurozone noch deutlich über dem EZB-Ziel von 2 Prozent. Nach unserer Einschätzung werden die Leitzinsen trotz schwächerer Wirtschaftsaussichten wohl noch länger auf dem gegenwärtigen oder einem noch höheren Niveau verbleiben. Je länger die Inflation hoch bleibt, umso länger wird die derzeitige Zinsphase andauern.“
Christine Lagarde schließt zumindest eine Pause nicht aus. Die Zinsen senken werde man nicht.
Wer profitiert, wer nicht?
„Steigende Zinsen bedeuten höhere Verpflichtungen für Kreditnehmer mit variabler Zinsanpassung“, so Alge. „Im Gegenzug steigen die Zinsen insbesondere für laufzeitgebundene Sparformen.“ VN-reh
„Je länger die Inflation hoch bleibt, umso länger wird die derzeitige Zinsphase andauern.“