
Rondo Ganahl gegen die Republik: Kampf um Millionen
Nach einem Betrug im Jahr 2015 wartet Rondo Ganahl immer noch auf das Geld, das der Firma damals gestohlen wurde. Es liegt auf einem Konto der Republik.
Darum geht’s:
- Rondo Ganahl kämpft seit acht Jahren um gestohlenes Geld
- Die Republik weigert sich, das Geld zurückzugeben
- Gesetzeslücke bei der Ausfolgung von Geld auf elektronischen Konten
Frastanz Ist Geld auf dem Konto eine Sache? Ein Gegenstand? Oder weder noch? Mit dieser Frage beschäftigen sich gerade die Justiz und das Frastanzer Verpackungsunternehmen Rondo Ganahl. Seit acht Jahren kämpft die Firma um ihr Geld. Doch die Republik gibt das Geld nicht her, weil es weder Gegenstand noch Sache sei.
Rückblick: Einen Tag vor Weihnachten 2015 poppt in der Mailbox einer Mitarbeiterin von Rondo Ganahl ein Briefchen auf. Eine Mail vom Vorstandsvorsitzenden, der um eine rasche Überweisung nach China bittet. Als sich auch noch ein vermeintlicher Anwalt per Telefon meldet, der in perfektem Juristendeutsch die Sache ausführt, sind die Bedenken verwischt. 3,79 Millionen wandern auf ein Konto nach China. Kurz darauf wird die Mitarbeiterin doch misstrauisch, aber da ist es schon zu spät. Die Firma ist Opfer einer internationalen und raffinierten Betrügerbande geworden, die den „Fake President-Fraud“ anwendet. Rondo Ganahl erstattet noch am selben Tag Anzeige. Die Behörden arbeiten flink, wenige Tage später wird das Geld auf einem chinesischen Konto eingefroren.
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Mehrere Jahre kämpfte die Republik für Rondo Ganahl um das Geld. China wollte es nur auszahlen, wenn eindeutig geklärt ist, dass dieses Geld Rondo Ganahl gehört – und dass es an das Unternehmen überwiesen wird. Da es auf dem besagten Konto nur diese eine Überweisung gegeben hat, war China schließlich überzeugt. Im Mai 2019 wandern die Millionen zurück nach Österreich. Und da ist plötzlich alles anders. Das Geld befindet sich auf einem elektronischen Sparbuch, das vom Oberlandesgericht Wien verwaltet wird. Dort bleibt es vorerst, weil das virtuelle Geld laut Republik keine Sache und kein Gegenstand ist.
Das ist in diesem Fall wichtig. Wird jemand bestohlen und beschlagnahmt die Regierung dieses Diebesgut, dann regelt die Strafprozessordnung, wann es ausgefolgt, also zurückgegeben werden kann. An einer Stelle ist von „Gegenständen“ die Rede, an einer anderen von „Sachen“. Die Republik sagt jetzt: Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch sogenanntes Giralgeld – also Geld auf einem Konto – gemeint ist, wäre es explizit erwähnt worden.

Anwalt Bernd Wiesinger von der Linzer Kanzlei Haslinger / Nagele Rechtsanwälte vertritt Rondo Ganahl vor Gericht. Er erläutert: „Die Republik steht auf dem sehr formalen Standpunkt, dass die Bestimmungen eng zu interpretieren und die Begriffe Sachen und Gegenstände wörtlich zu verstehen seien.“ Zumal der betreffende Paragraf im Jahr 1873 bereits von „Sachen“ gesprochen habe. Da sind elektronische Sparbücher noch lange kein Thema gewesen.
Wiesinger kämpft jetzt für Rondo Ganahl um das Geld. Ein Gutachten komme zum Verständnis, dass dieses enge Begriffsverständnis des Gerichtes nicht zwingend sei, sagt der Anwalt. Außerdem sei die aktuelle Situation ein Paradefall für eine „Analogie“. Das bedeutet: Wenn der Gesetzgeber vergisst, einen Sachverhalt mitzuregeln, kann das Gericht anders entscheiden. Und das sei hier der Fall: Schließlich ist gesetzlich mittlerweile ausdrücklich festgelegt, dass Giralgeld beschlagnahmt werden kann – nur bei der Ausfolgung wird es nicht erwähnt. Das OLG Wien habe deshalb im Jahr 2017 in einem ähnlichen Fall eine solche Analogie gesehen und Giralgeld zurückgegeben.

Vorstandsvorsitzender Hubert Marte beschäftigt das Thema seit Jahren: „Der Betrug hat vor acht Jahren unter der vorherigen Geschäftsleitung stattgefunden. Das aktuelle Team kämpft seit acht Jahren um sein Recht.“ Ganahl verfüge glücklicherweise als Traditionsunternehmen über ein solides finanzielles Fundament. Trotz des vorläufigen Verlustes des Geldes seien keine Arbeitsplätze gefährdet. „Nichtsdestotrotz könnte das Unternehmen mit dem ihm zustehenden Geld zahlreiche Projekte und Innovationen vorantreiben“, betont Marte.
Strafrechtsprofessor Robert Kert von der Uni Wien beurteilt die Sachlage im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Profil so: „Man kann schon sagen, dass die Ausfolgung von Geld auf elektronischen Konten einfach nicht ordentlich geregelt ist.“ Profil fragte auch beim Justizministerium nach, ob diese Gesetzeslücke geschlossen wird. Die Antwort: „Die geschilderte Fragestellung ist dem Ministerium seit Kurzem bekannt. Derzeit wird geprüft, ob es einer gesetzlichen Anpassung bedarf oder ob eine Lösung innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens möglich ist.“
Das Unternehmen möchte notfalls sämtliche nationalen und internationalen Instanzen ausschöpfen. Anwalt Wiesinger ist überzeugt: „Das derzeitige und aus unserer Sicht juristisch falsche Ergebnis ist nicht nur für Rondo Ganahl sehr unbefriedigend, sondern scheint auch völkerrechtlich bedenklich.“ Höchste Würdenträger der Republik hätten nämlich für die Überweisung aus China in Aussicht gestellt, das Geld an Rondo Ganahl weiterzugeben. Und das sei eben bisher nicht geschehen.