Sensorik und KI: Zukunft der Abfalllogistik

Markt / 15.12.2023 • 18:57 Uhr
infeo-Geschäftsführer Florian Reischer.
infeo-Geschäftsführer Florian Reischer.

Komplettlösung der infeo GmbH ist einzigartig im deutschsprachigen Raum.

Feldkirch infeo wurde 2010 als erstes Spin-off der Fachhochschule und des Vorarlberger Umweltverbands gegründet. Auslöser war ein gemeinsames Forschungsprojekt: Erstmals sollte eine digitale Landkarte für Vorarlberg erstellt werden, die alle Abfallsammelstellen verzeichnet und für eine optimierte, effiziente Tourenplanung nutzt. Eine umfassende Marktanalyse zeigte zudem, dass nicht nur in Vorarlberg, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum ein Bedarf an digitalen Lösungen rund um die Entsorgungslogistik besteht. „Mit dieser Situation als Ausgangslage entwickelten wir gemeinsam mit Branchenpartnern und Kunden im Laufe der letzten Jahre eine Komplettlösung für die Abfallwirtschaft, die heute in dieser Region einzigartig ist“, verdeutlicht Geschäftsführer Florian Reischer. Der Informatik-Absolvent gründete damals mit einem Projektteam die Firma infeo, mit der Zielsetzung, sämtliche Prozesse in der Abfallwirtschaft zu digitalisieren, automatisieren und zu optimieren.

Zentrale Plattform

Mittlerweile unterstützt infeo mit seiner Gesamtlösung Unternehmen, Kommunen und Verbände aus der ganzen DACH-Region, wie z. B. die Firma Loacker aus Götzis, die Stadt Innsbruck und die MA 48, den größten kommunalen Abfallwirtschaftsbetrieb Österreichs. Was die Software zu leisten vermag, verdeutlicht ein Bild der Entsorgungslogistik in unserer Region: Beim Vorarlberger Gemeindeverband sind 96 Gemeinden und fünf Entsorgungsbetriebe in einem Datenmanagement-System miteinander verbunden. Wird irgendwo in Vorarlberg ein neuer Abfallbehälter bestellt, löst das eine „Kettenreaktion“ aus, bei der sowohl die Gemeinde als auch der Entsorger mehrere Prozesse standardisiert und automatisiert abarbeiten kann. Vom Änderungsantrag über die Bereitstellung eines RFID-Chips am Behälter, über die Aufstellung des Behälters vor Ort bis hin zur Abrechnung mit der Gemeinde und dem Umweltverband übernimmt das infeo-Kommunalportal sämtliche Daten und Abläufe. Es bietet allen Akteuren eine einheitliche Plattform zur Kommunikation und für den gemeinsamen Datenaustausch. Seit der Einführung wurden in Vorarlberg 115.000 Behälter, 12.000 Behälterbewegungen und 5 Millionen Behälterleerungen digital erfasst. Das dient der Abrechnung, Auswertung und Planung für den optimierten Sammeldienst.

Dreh- und Angelpunkt

In Linz wurde die Software 2019 eingeführt, um damit die Sammlung der Leichtverpackungen von einer Bring- auf eine Holsammlung ab Haus umzustellen. Über die darauffolgenden Projekte entwickelte sich das System zu einem Dreh- und Angelpunkt für die gesamten Logistikdaten bei der Linz AG: Mit einer Schnittstelle zu SAP werden mehr als 80.000 Abfallbehälter in der Tourenplanung verwaltet, die Navigationssoftware steht für 20 Fahrzeuge zur Verfügung und täglich werden mehrere Tausend Datensätze aus dem gesamten Fuhrpark verarbeitet. Viele Kommunen nutzen die Software inzwischen auch für die sogenannte verursachergerechte Abrechnung von Entsorgungsleistungen. Dabei wird am Müllbehälter ein kleiner RFID-Transponder angebracht, auf dem eine eindeutige Nummer gespeichert ist. Dies wird während der Entleerung des Behälters von einer Leseantenne erkannt und mit dem Gewicht aus dem Wiegesystem verknüpft. „Der Kunde bezahlt am Ende idealerweise nur für jede tatsächlich durchgeführte Leerung und für das tatsächliche Gewicht. Das animiert Bürger auch sorgfältiger zu trennen und verschafft den Entsorgern sortenreines Material für die Verwertung. In diese Richtung geht die kommunale Entsorgung“, erklärt Reischer, der heute ein achtköpfiges Team leitet.

Leistungsfähigkeit steigern

Kaum jemand mache sich Gedanken, was alles notwendig ist, um eine Mülltonne zu entleeren, den Abfall zu sortieren, die Wertstoffe zu recyceln und die Straßen sauber zu halten, erklärt Reischer. „Unser Ziel ist deshalb, die Leistungsfähigkeit der Fuhrparks so zu verbessern, dass Verkehr, Kosten und Emissionen auf ein absolutes Minimum reduziert werden.“ In puncto Zukunftsfähigkeit beschäftigt sich infeo derzeit intensiv damit, Prozesse möglichst intelligent zu automatisieren und das Berufsfeld „Müllabfuhr“ wieder attraktiv zu gestalten. „Da wir vom selbstfahrenden Müllauto noch weit entfernt sind, konzentrieren wir uns darauf, Abläufe weiter zu automatisieren und für die Mitarbeitenden zu vereinfachen.“ Sensorik und künstliche Intelligenz zählen dabei auch in der Abfalllogistik zu den größten Themen und erfordern laut Reischer ein Umdenken von der klassischen „Input/Output“-Funktionalität einer Software hin zu einem (selbst-)lernenden System. „Das birgt für die Zukunft das größte Potenzial, um noch mehr Effizienz aus den Prozessen unserer Kunden herauszuholen.“