Stau auf Gemeindestraße in Sulz: Nachbarn wehren sich gegen Baupläne

Markt / 21.02.2024 • 18:50 Uhr
Aufgrund des Platzmangels wird die Straße regelmäßig als Ladezone genutzt, bemängeln die Nachbarn des Unternehmens. <span class="copyright">FA</span>
Aufgrund des Platzmangels wird die Straße regelmäßig als Ladezone genutzt, bemängeln die Nachbarn des Unternehmens. FA

Firmenerweiterung mitten im Dorf – Verkehrskonzept als Voraussetzung für weitere Planungen.

Sulz Prüf- und Messtechnik für Stromnetze und damit zusammenhängende Anlagen werden – angesichts der Bedrohungen, die seit den Engpässen aufgrund des Ukrainekriegs aufgetreten sind – stark nachgefragt. Für die Produzenten solch komplizierter Messtechnik bedeutet das: mehr Aufträge, mehr Arbeit und Platzprobleme. Das gilt auch für das Sulner Unternehmen Baur Prüf- und Messtechnik, das seine Geräte zur Ortung von Kabelfehlern, Zustandsbewertung von Energiekabeln und Isolierstoffprüfung vor allem an Stromproduzenten und -verteiler weltweit liefert.

Baupläne sorgen für Aufregung

Die große Nachfrage sorgt auch dafür, dass das Unternehmen, das mitten in der Gemeinde situiert ist, aus allen Nähten platzt. Das ist wörtlich gemeint. Denn das Grundstück und das Gebäude bieten nur noch wenige Möglichkeiten, Platz zu schaffen. Vor Kurzem wurde bekannt, dass die Firma Baur plant, diese wenigen Möglichkeiten dennoch für einen Ausbau zu nutzen (die VN berichteten).

Markus Baur, Geschäftsführer der Firma Baur Prüf- und Messtechnik, will aufgrund der großen Nachfrage am Standort expandieren. Die Nachbarn sehen das kritisch. <span class="copyright">FA</span>
Markus Baur, Geschäftsführer der Firma Baur Prüf- und Messtechnik, will aufgrund der großen Nachfrage am Standort expandieren. Die Nachbarn sehen das kritisch. FA

Vorgesehen sei demnach die Errichtung eines zweistöckigen Zubaus zuzüglich einer Tiefgarage an der östlichen Seite des Gebäudebestandes. Die Nutzfläche für Produktion und Büros beziffert Baur mit etwas mehr als 1700 Quadratmetern. Der in Holzbauweise ausgeführte Erweiterungsbau mit Schindelfassade soll ein begrüntes Flachdach sowie eine 115-kWp-Photovoltaik-Anlage bekommen. Das Investitionsvolumen gibt Baur mit mehr als sechs Millionen Euro an. Baustart sollte „im Idealfall“, so Firmenchef Markus Baur, im Sommer 2024 sein.

<p class="caption">Der Stammsitz von Baur in Sulz wird erweitert. Auf dem Bild ist die Situation  im weiteren Verlauf der Raiffeisenstraße nur zu erahnen <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker"><span class="copyright">fa</span></span></p>

Daraus wird wohl nichts werden. Denn die Nachbarn wehren sich dagegen, wie bei der gewerberechtlichen Verhandlung deutlich wurde, die rund sechs Stunden dauerte und laut dem Bürgermeister von Sulz, Karl Wutschitz, sehr emotional gewesen sei. Die Nachbarn, die in einem Gespräch mit den VN ihre Befürchtungen darlegten, haben sich für die Verhandlung der Hilfe des Bludenzer Rechtsanwaltes Stefan Müller versichert. Wichtigstes Anliegen der Nachbarn, die gemeinsam, aber nicht namentlich in die Öffentlichkeit treten wollen, ist die Verkehrssituation. Die Raiffeisenstraße würde in anderen Gemeinden wohl als Wohnstraße geführt, in Sulz sei sie, so die Baur-Nachbarn, ein von im Durchschnitt acht Sattelschleppern und 10 weiteren Transportfahrzeugen verstopfter Weg. Dokumentiert ist das mit zahlreichen Fotos, die auch der Gemeinde weitergeleitet wurde.

„Gefährlicher Schulweg“

Die Enge führe nicht nur zu gefährlichen Situationen, sie sei auch unzumutbar für die vielen Kinder, die die Straße als Schulweg nutzen, heißt es bei der Zusammenkunft der Nachbarn. Anwalt Müller konkretisiert: Rund 30 Kinder nutzen die Straße für den Weg in den Unterricht. Neben dem Stau und den Gefahren, so die Nachbarn, wurden auch schon Gartenmauern und Begrenzungen von den Lkw beschädigt. Befahren werde auch der Gehsteig, das zeigen auch die Bilder. Das sei nicht immer so gewesen. Beim letzten Um- und Ausbau des Betriebes seien größere Abstände vereinbart und dokumentiert worden, nur um später revidiert zu werden, berichten die Nachbarn. In einem späteren Protokoll der Gemeindevertretung habe man das wieder revidiert. „Behauptet und protokolliert ist, dass die Nachbarn ihre Zustimmung gegeben haben“, so eine Nachbarin, „doch es fand sich niemand, mit dem über dieses Thema gesprochen worden war“. Die Gemeinde erkläre, dass alles rechtens war.

Bürgermeister Karl Wutschitz verweist auf die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft. Er ist aber dafür, dass Unternehmen möglichst in der Gemeinde gehalten werden. <span class="copyright">VN/Walser</span>
Bürgermeister Karl Wutschitz verweist auf die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft. Er ist aber dafür, dass Unternehmen möglichst in der Gemeinde gehalten werden. VN/Walser

So ist es auch heute: Bürgermeister Karl Wutschitz stellt das im Gespräch mit den VN klar. Das langjährige Gemeindeoberhaupt, das nur noch wenige Wochen im Amt ist, klopft auf die Rechtsmäßigkeit der Beschlüsse und des Prozederes für die Bau- bzw. gewerberechtliche Genehmigung des Ansuchens. Zuständig sei aber nicht die Gemeinde, sondern die Bezirkshauptmannschaft. Und deshalb will er auch nichts von Parteilichkeit im Falle der Genehmigung wissen. Und die Revidierung des Bauabstands sei schon vor seiner Amtszeit erfolgt. Die Gemeinde habe sich immer bemüht, sei den Nachbarn von Baur ebenso wie das Unternehmen immer entgegengekommen, wenn dies möglich war. Als Bürgermeister habe er natürlich ein Interesse, dass die heimischen Unternehmen sich im Ort entwickeln können. „Die Alternative wäre, dass das Unternehmen absiedelt“, so Wutschitz.

Verkehrskonzept gefordert

Das Ergebnis der gewerberechtlichen Verhandlung liegt noch nicht vor, doch klar ist Bürgermeister Wutschitz, Firmenchef Markus Baur und Anwalt Stefan Müller, dass die BH auf jeden Fall ein Verkehrskonzept einfordere. Für die Anwohner zumindest ein Etappensieg, ohne dieses Konzept, so Müller, gebe es keine Genehmigung. Die möglichen Ausmaße des Baus, so der Anwalt, seien bis auf zwei Zentimeter ausgereizt worden, auch bei weiteren Planungsdetails ist der Anwalt skeptisch, ob sie die Rechte der Nachbarn nicht tangieren. Es wurde von Baur zwar zugesagt, dass man den Bau mit Folien beklebe, doch die Sichtproblematik wiege ebenfalls schwer. So seien, wenn der Bau realisiert werde, die Anrainer unter Dauerbeobachtung, ein weiterer Punkt sei der Lärmschutz. Da fordern die Nachbarn ebenfalls klare Regeln.

Kein Durchkommen und viele Gefahren: Die Straße ist die Ladezone für die Anlieferungen und Auslieferungen, sagen die Nachbarn und dokumentieren das auch auf Bildern. <span class="copyright">FA</span>
Kein Durchkommen und viele Gefahren: Die Straße ist die Ladezone für die Anlieferungen und Auslieferungen, sagen die Nachbarn und dokumentieren das auch auf Bildern. FA

„Wir haben Verständnis für die Wünsche und Befürchtungen der Anrainer“, erklärt Firmenchef Baur. Man sei deshalb auch mit den Nachbarn, sowohl in der Gruppe als auch in Einzelgesprächen, in intensivem Austausch. „Wir haben eigentlich ein gutes Miteinander“, ist er überzeugt. Und überzeugt ist er auch, dass eine gute Lösung gefunden werde. Die Behörde werde gut darauf schauen, dass alle Rechte der Nachbarn gewahrt werden. Dass sich der Baubeginn verzögere, sei klar, „das gehört dazu“, so der Firmenchef. Und Bürgermeister Wutschitz hofft, dass sich die Situation in der Raiffeisenstraße wenigstens teilweise entspannt. Denn nachdem während einer längeren Baustellenphase auch noch der Buslinienverkehr durch die Raiffeisenstraße gefahren sei, sei das nicht mehr der Fall. Er verstehe die Nachbarn und man versuche eine gute Lösung zu finden, verspricht er. Darauf wird Anwalt Stefan Müller achten, der bei der Verhandlung auch beobachtet hat, dass es „auffällig war, wie sich die Gemeinde sehr zurückgehalten hat“.