Bilanzen von Kreditnehmern im Vorstandstresor der Bank “nur in äußersten Ausnahmen”

Ex-Raiffeisen-Chef Hopfner verteidigt die Signa-Kredite der Hypobank.
Schwarzach Wirtschaftskammerpräsident Wilfried Hopfner kennt sich im Bankgeschäft besonders aus. Schließlich arbeitete er seit 1993 bei der Raiffeisenbank Vorarlberg, ab 2009 war er Vorstandsvorsitzender, bis er Mitte 2022 in Pension ging. Im VN-Interview spricht er über die Signa-Kredite der Hypo Vorarlberg und erklärt, weshalb Kredite stets mit Risiko behaftet sind – und weshalb das ganz normal ist.
Wie beurteilen Sie die ganze Diskussion über die Hypo Vorarlberg?
Wilfried Hopfner: Das Bankgeschäft ist generell ein Geschäft mit Risiken. Und es ist ein Geschäft, in dem der Kreditvergabeprozess maßgeblich ist. Jede Bank legt selbst fest, wie viel Risiko sie eingeht, und es gibt klare Regeln, wenn ein Kredit vergeben wird. Jeder Kredit muss vom Kreditrisikoteam bewertet werden. Das ist ein typischer Prozess, nachdem auch hier gehandelt wurde, da bin ich mir sicher.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Ist es in der Raiffeisenbank auch vorgekommen, dass Unternehmensbilanzen bei Ihnen im Vorstandstresor gelagert wurden statt im System, weil der Kunde wünscht, dass nicht mehrere Leute die Bilanz sehen können?
Hopfner: Ich kann das nur für mich beurteilen. Bei mir nicht. Ich unterstelle, dass es jetzt nicht ein typisches Geschäft ist. Aber manchmal gibt es ein gewisses Vertrauensverhältnis, aber den konkreten Fall kann ich nicht beurteilen.
Es ist aber zumindest unüblich?
Hopfner: Es ist kein Mengengeschäft, das passiert nur in den äußersten Ausnahmen.

Die Hypo-Kredite an die Signa drohen zu einem größeren Teil auszufallen. Zum Beispiel jene mehr als 40 Millionen Euro für die Stiftung, mit Stiftungsanteilen als Besicherung. Sollen Regionalbanken solche Geschäfte überhaupt machen?
Hopfner: Kredite sind generell auch für regionale Banken ein wesentlicher Teil des Geschäfts. Einlagen und Kredite. Zum Zeitpunkt der Vergabe wird die Bonität geprüft. Und dann laufen sie 15, 20 Jahre. In dieser Zeit kann unheimlich viel passieren, dazwischen gibt es aber Zinserträge. Und das ist das Geschäftsmodell einer Bank. Dass manche Kredite aus welchen Gründen auch immer nicht zurückbezahlt werden können, ist das Risiko einer Bank. Das ist ein übliches Geschäft. Jetzt sind die Vorarlberger Banken in den letzten Jahren allesamt verwöhnt gewesen, weil es praktisch keine Risikokosten gab. Und jetzt gibt es eben wieder die ein oder andere Insolvenz und leider Gottes auch die Mega-Insolvenz in Österreich. Und da kommt man halt besonders in der Öffentlichkeit vor. So schmerzhaft so eine Situation ist, es bringt eine Bank typischerweise nicht um. Und die Kapitalisierung der Hypo ist hervorragend.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Es können bis zu 130 Millionen Euro weg sein. Ist das viel oder zahlt die Hypo das quasi aus der Portokasse?
Hopfner: Natürlich ist es eine schmerzhafte Größe, aber es ist nicht bedrohlich.
Kredite im Privatbereich sind jedenfalls eingebrochen, vor allem weil nicht mehr gebaut wird. Wie geht es der Vorarlberger Baubranche?
Hopfner: Die Bauwirtschaft im Wohnbau ist massiv eingebremst. Das Baunebengewerbe hatte eine hervorragende Auslastung, jetzt normalisiert es sich wieder. Wenn sich die Zinsen jetzt nicht mehr erhöhen, die KIM-Verordnung die Gift-Zähne verliert, sich die Preise stabilisieren und die Wohnbauförderung wirkt, wird man wieder bauen und Wohnungen kaufen können. Es geht schon wieder los. Aber bis man auf dem Niveau ist, auf dem man war, wird es noch ein bisschen dauern. Das Tal ist jedenfalls erreicht.

Der Bau hat goldene Jahre hinter sich. Kann man sagen: Wer jetzt kippt, hat die vergangenen Jahre einfach nicht gut gewirtschaftet?
Hopfner: Es waren sicherlich goldene Zeiten, ja. Und alteingesessene Unternehmen mit einem breiten Portfolio sind jetzt besser gestellt als jene, die erst vor Kurzem in den Markt eingetreten sind. Aber manche sind ein unternehmerisches Risiko eingegangen, die müssen hart knabbern. Die alteingesessenen Vorarlberger Bauunternehmen wird es nicht erwischen. Wir hatten jetzt auch eine Phase, in der es praktisch keine Insolvenzen gab. Dann erschrickt man natürlich gleich, wenn es wieder ein paar gibt. Es ist eine herausfordernde Zeit, aber sehr viele sind gut aufgestellt.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Kürzlich saß hier Sepp Schellhorn von den Neos und sprach über den Fachkräftemangel im Tourismus. Er hofft, dass Menschen wieder stärker bereit sind, an jenen Tageszeiten zu arbeiten, an denen andere frei haben. Sehen Sie das auch so?
Hopfner: Für immer mehr Menschen gewinnt die Freizeit an Bedeutung und immer weniger wollen arbeiten. Wenn wir aber unseren Wohlstand erhalten wollen, wenn wir das Erarbeitete in die Zukunft bringen wollen, dann werden wir mehr arbeiten müssen. Es braucht Menschen, die bereit sind, zu arbeiten, wenn andere frei haben. Das ist für Touristiker eine riesige Herausforderung, aber auch Ärzte oder Polizisten arbeiten zu diesen Zeiten. Ich wünsche mir sehr, dass wir uns wieder dieser Tugenden besinnen und sagen: Es ist schön, dass wir hier leben und arbeiten dürfen. Unsere Freizeit können wir genießen, weil es Sozialleistungen, Pflegeangebote und touristische Angebote gibt. Dazu kommt: Man kann weniger arbeiten und weniger verdienen. Aber irgendwann kommt die Pension. Und wer soll die dann bezahlen?