FTI-Pleite: Ein Bildsteiner hat den Reisekonzern gegründet und groß gemacht

Dietmar Gunz hat mit 19 Jahren den Grundstein für FTI gelegt, das Unternehmen groß gemacht und zweimal verkauft.
München, Schwarzach Mit 19 Jahren hat der Bildsteiner Dietmar Gunz einen Job als Reiseleiter für Sprachferien in England angenommen und sah das Potenzial. „Das kann ich besser“, dachte sich der Bildsteiner und gründete im Jahr 1981 in München sein eigenes Sprachreiseunternehmen namens LAL (LAL steht für Love a Language). Das Unternehmen expandierte mit sieben eigenen Sprachschulen in England, den USA, Malta und Südafrika, sieben sogenannten Summer Schools und über 70 Partnerschulen Deutschlands zur Nummer eins für Sprachreisen.
Frosch hüpft ab 1983
Das allein wäre schon eine Erfolgsgeschichte. Doch für den in Dornbirn geborenen Bildsteiner war es nur der Beginn für eine in der Reisebranche atemberaubende Expansion. Im Jahr 1983 setzte er den nächsten Schritt und gründete die Frosch Touristik GmbH, die Reisen auf die Mittelmeerinseln Malta, Gozo und Comino anbietet. Die Dinge nahmen ihren Lauf. Gunz erwies sich als gewiefter Reisemanager, der auch deshalb so erfolgreich war, weil er auf Nischen setzte, die von den etablierten Reiseveranstaltern nicht gesehen und deshalb auch nicht angeboten wurden. Das Wachstum verlief rasant. So rasant, dass sich Gunz einen Partner suchte, der die weitere Expansion mit dem Vorarlberger, der längst in München eingebürgert ist, mittragen sollte. Doch Partner Airtours und Gunz harmonierten nicht wirklich.

Er verkaufte im Jahr 2000 mit 41 Jahren sein Lebenswerk komplett. Die neuen Eigentümer kamen mit der Firma und ihrem Geschäftsmodell nicht zurande. Das sahen sie schließlich ein. Der Bildsteiner schaffte das Comeback. Gunz kaufte die Anteile zurück, bezog wieder das Chefbüro, integrierte die in den Jahren zuvor angeschobenen Projekte in die Gruppe und konnte das Tourismusschiff wieder auf Kurs bringen. 2010 wurde mitten in München das neue Hauptquartier der Touristik-Gruppe errichtet, das als eines der innovativsten in ganz München gilt: Als Green Building wurde es mit der internationalen Auszeichnung Leadership for Energy and Environmental Design (LEED) in Gold zertifiziert.

Gunz, der in der Zwischenzeit Münchner Traditionsgasthäuser kaufte und wieder auf Hochglanz brachte, holte 2014 den ägyptischen Hotelinvestor Samih Sawiris an Bord, der ab April 2020 mit 75,1 Prozent der Anteile Haupteigentümer des inzwischen drittgrößter Reiseveranstalter Europas ist.
Rückzug Ende 2020
Die Corona-Zeit bedeutete für das Unternehmen wie für die gesamte Branche eine Zäsur mit extremem Umsatzeinbruch. Im Geschäftsjahr 2022/23 konnte der Vorpandemie-Umsatz von 4,1 Milliarden Euro wieder erreicht werden. Allerdings ohne Dietmar Gunz, der sich Ende 2020 auch als CEO aus der operativen Geschäftsführung zurückgezogen hat. Im April 2024 übernahm ein Konsortium um den US-Finanzinvestor Certares die FTI-Gruppe. Im Rahmen der Übereinkunft hat das Konsortium, dem auch die Familie Sawiris angehört, für einen symbolischen Euro 100 Prozent der Gesellschafteranteile übernommen. Das Unternehmen, das am Montag Insolvenz angemeldet hat, beschäftigt rund 9000 Mitarbeiter und macht einen Umsatz von knapp vier Milliarden Euro.
Der frühere FTI-Chef und -Gründer Dietmar Gunz hat inzwischen ein neues Projekt gestartet. Mit Hotelier Erich Falkensteiner und Traveltech-Profi Alexej Boiko bündelt er die touristische Kompetenz und startet einen neuen Veranstalter: Falk Travel. Das Unternehmen geht als AG an den Start und verspricht eine „einzigartige Balance aus Premiumqualität und günstigen Preisen“. Gunz, laut Brancheninsidern inzwischen Milliardär, ist Präsident des Verwaltungsrats. Bereits vor diesem Projekt hat er die Familien-Holding Temple Tree Investment ausgebaut, unter anderem mit dem Incoming-Unternehmen Rocket DMC mit Sitz in Dubai. Sowohl Falk Tours als auch Rocket DMC agieren weiterhin eigenständig unter der Führung ihrer etablierten Gesellschafter, arbeiten aber eng mit Falk Travel zusammen.