Harald Mahrer warnt: “Österreichs Wirtschaft droht im globalen Wettbewerb unterzugehen”

Wirtschaftskammerpräsident fordert bei Vorarlberg-Besuch Maßnahmen gegen überbordende Bürokratie, hohe Lohnnebenkosten und Arbeitskräftemangel.
Lustenau „Äpfel gegen Birnen zu tauschen oder sich gegenseitig die Haare zu waschen, funktioniert heute nicht mehr“, sagt Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. Heute funktioniere die Wirtschaft anders, es sei wichtig, wettbewerbsfähig gegenüber anderen Staaten der Welt zu sein. „Ich sehe aktuell die Gefahr, dass sich die Unternehmen aus den Märkten heraus preisen. Denn die Produktionskosten sind in Österreich zu hoch.“ Das liege an den Energiekosten, dem engen bürokratischen Korsett und den fehlenden Arbeitskräften.“
“Werden sonst gnadenlos überfahren”
Um dem entgegenzuwirken, hat die WKÖ zentrale Forderungen formuliert. „Tut man nichts, wird uns die Konkurrenz aus China und den USA gnadenlos überfahren.“ Erster Punkt ist der Faktor Arbeit. „Die größte Lügengeschichte der Politik ist, dass es mit weniger auch geht. Nein, alle müssen ein bisschen mehr tun. Das muss sich netto allerdings auch lohnen.“
Mahrer fordert deshalb eine Steuerbefreiung der Überstundenzuschläge, eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie eine Befreiung von Steuern und Abgaben für Pensionisten, die arbeiten. Hier gäbe es ein großes Potenzial, sagt Mahrer. „Viele Menschen sind leistungsbereit, aber sie können auch rechnen.“

Zu viele Bürokratie-Stunden
Zweiter Punkt ist die Bürokratie. Unnötige Melde- und Informationspflichten müssten entfallen, so der WKÖ-Präsident. Denn aktuell müsse jedes Unternehmen 9,4 Arbeitsstunden in der Woche für Bürokratie aufwenden. Zu diesem Ergebnis komme eine in Auftrag gegebene market-Studie. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) seien es sogar 19,3 Stunden pro Woche.
„Die EU-Wahl war ein Weckruf, Entbürokratisierung ist ein Gebot der Stunde“, sagt auch Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und begrüßt deshalb die neu geschaffene Ombudsstelle Bürokratieabbau der WK Vorarlberg. Weitere Stellschrauben seien die Begünstigungen auf Mehrarbeit in der Pension oder bei Überstunden. Denn, so Tittler: „Wir haben unsere gute Wettbewerbsposition in den ersten zehn Jahren der 2000er-Jahre geschaffen, seither verlieren wir an Attraktivität.“

Alles außer rosenrot
Die Rahmenbedingungen seien derzeit alles andere als rosenrot, bestätigt WKV-Präsident Wilfried Hopfner. Als weiteren Hebel neben den Steuern und der Entbürokratisierung fordert er auch Verbesserungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, etwa durch eine befristete Erprobungsphase in einem Betrieb. „So können Fähigkeiten on-the-job überprüft werden.“

Neubauprojekt geplant
Auch ein Bauprojekt plant Hopfner derzeit. Am CampusV in Dornbirn soll ein „Campus der Wirtschaft“ entstehen. Geplant seien eine Erlebniswelt, ein Forschungszentrum sowie ein schulisches Angebot, etwa die Ansiedelung einer HTL und einer HAK. Bis Oktober soll das Konzept samt Investitionskosten dazu vorliegen.