Ein Jahr Siemens-Skandal: Der aktuelle Stand

Im August 2023 brachten mehrere Hausdurchsuchungen einen Bau- und Betrugsskandal im Millionenumfang ans Licht.
Schwarzach An einem Mittwoch Anfang August standen die Ermittler auf der Türschwelle mehrerer Vorarlberger Unternehmen. Fünf Personen wurden wegen des Verdachts des gewerbsmäßiger Betrugs in Gewahrsam genommen. Am Ende des Monats umfasste der Ermittlungsakt bereits an die 5000 Seiten, Tendenz stark wachsend. Ein Jahr später gibt es 13 Tatverdächtige, die Ermittlungen dauern an.
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Angefangen hat alles mit einer Anzeige von Siemens selbst. Durch die Konzernzentrale wurden Unregelmäßigkeiten in der Vorarlberger Niederlassung von Siemens Austria festgestellt und angezeigt. Diese führten zu besagten Hausdurchsuchungen, betroffen waren neben der Siemensniederlassung in Bregenz auch Hirschmann Automotive und die Krankenhausbetriebsgesellschaft KHBG. Zwei damals aktive und ein bereits pensionierter Beschäftigter der Bauabteilung der KHBG sollen seit 2013 über ein eigenes Unternehmen für Aus- und Neubauprojekte der KHBG manipulierte Rechnungen ausgestellt haben. So dürften die Beschuldigten in unscheinbaren Rechnungen schwer nachprüfbare Positionen hinzugefügt haben, um sich so selbst zu bereichern. Da zwei Mitarbeiter der Bauabteilung beteiligt waren, konnte so auch das Vier-Augen-Prinzip umgangen werden. Über die Jahre dürfte es hunderte solche Rechnungen gegeben haben, die Suche nach dem Betrug Detailarbeit. Schnell zeichnete sich jedoch ab, dass sich der Schaden allein für die im Landesbesitz befindlichen Krankenhäuser im mittleren einstelligen Millionenbereich bewegen dürfte.
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Von fünf auf 13 Beschuldigte
Die KHBG mag zwar einer der Hauptbetroffenen sein, jedoch längst nicht das einzige Unternehmen, dass betrogen wurde. Vier der fünf ursprünglich Beschuldigten wurden am Freitag nach den Festnahmen in Untersuchungshaft genommen. Der für Siemens Vorarlberg tätige Beschuldigte wurde als letzter der vier kurz vor Weihnachten 2023 wieder auf freien Fuß gesetzt. Vor allem durch Selbstanzeigen stieg die Zahl der Tatverdächtigen inzwischen auf 13 Personen. Wie viele Unternehmen und Gemeinden durch die Malversionen bei Bautätigkeiten geschädigt wurden, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Hinter vorgehaltener Hand sprach man bereits im Herbst 2023 von mehreren Dutzend vermutlich Geschädigter.
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Doch auch darüber hinaus schlug der Skandal Wellen. In einer Sachverhaltsdarstellung fiel der Name Wilhelm Muzyczyn. In den VN gab der Vizepräsident und ehemaliger Bregenzer Wohnbaustadtrat zu, von besagtem Siemens-Mitarbeiter ein iPhone erhalten zu haben. Muzyczyn wurde im Skandal nie als Beschuldigter oder Verdächtiger geführt. Die Staatsanwaltschaft hat einen Anfangsverdacht untersucht – und keinen festgestellt. Ende Dezember wurden die Ermittlungen eingestellt. Angestoßen durch die Sachverhaltsdarstellung gab es bei der Alpenländische Gemeinnützige Wohnbau-GmbH personelle Umwälzungen. Bei Siemens soll es dem Vernehmen nach Disziplinarmaßnahmen gegen insgesamt 16 Beschäftigte gegeben haben.
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WKStA ermittelt
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Im Juni übernahm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Feldkirch. Dies wurde notwendig, da sich der anzunehmende Schaden inzwischen über fünf Millionen Euro bewegt. Parallel hinterlegten mehrere der Beschuldigten meist zeitgleich mit ihrer Selbstanzeige namhafte Geldbeträge zur Wiedergutmachung. Diese Zeichen der tätigen Reue sind ein Mittel, um straffrei aus einem Verfahren aufgrund eines Vermögensdelikts zu gehen. Dies gilt jedoch nur, wenn sie zur Schadenswiedergutmachung geeignet sind und freiwillig erfolgten, bevor die Behörden einen Verdacht hegen konnten. Für die ursprünglich fünf Hauptbeschuldigten, die durch ihre Festnahme vom Verdacht erfuhren, könnten sie jedoch als Milderungsgrund vor Gericht hilfreich werden.