“Tiefe Gräben und Polarisierung”: Vorarlbergs junge Unternehmer warnen vor Spaltung der Gesellschaft

Stimmungsbarometer gibt Anlass zur Sorge. Politische Polarisierung als Hauptgrund.
Schwarzach Die Junge Wirtschaft Vorarlberg (JWV), die in Vorarlberg über 600 Mitglieder quer durch alle Branchen hat, schlägt Alarm. Schon im Jänner dieses Jahres warnte Vorsitzender Tim Mittelberger (Geschäftsführer Dorfelektriker Mittelberger) vor der Spaltung in der Gesellschaft.

Seitdem habe sich die Situation nicht verbessert, sondern weiter zugespitzt. „Unserem Eindruck nach ziehen sich mittlerweile tiefe Gräben durch unsere Gesellschaft. Dennoch wird viel zu wenig darüber gesprochen“, betont Mittelberger.
Dieser Eindruck werde auch vom aktuellen Stimmungsbarometer der JWV, dessen Ergebnisse den VN vorliegen, bestätigt.
Politische Polarisierung
Darin stimmt die Hälfte der Mitglieder der Aussage zu, dass die Gesellschaft in Vorarlberg gespalten ist. Den Hauptgrund sehen die Befragten mit 77 Prozent in der politischen Polarisierung. Dahinter folgen die Berichterstattung (57 Prozent) sowie mit jeweils rund 50 Prozent soziale Ungerechtigkeit und das Bildungssystem.

Gefahr, abgehängt zu werden
Vera Klien, Geschäftsführerin des Dornbirner Recruiting-Unternehmens Klien Executive Search, hofft, dass dadurch wichtige Zukunftsthemen nicht in den Hintergrund geraten. „Gerade in Zeiten wie diesen dürfen wir nicht die Maßnahmen zurückstellen, die unsere Region zukunftssicher machen. Sonst laufen wir Gefahr, abgehängt zu werden. Zudem würde es die angespannte Situation deutlich verschärfen. Unzufriedenheit, Frustration und Hass sollten sowohl gesellschaftlich als auch im wirtschaftlichen Umfeld entgegengewirkt werden.“

Und wie sehen die Mitglieder der Jungen Wirtschaft die gesamtwirtschaftliche Lage in Zukunft. Knapp ein Viertel erwartet einen Anstieg. Über die Hälfte der Befragten blickt im Hinblick auf ihr Unternehmen in eine positive Zukunft.
Lohnnebenkosten sind ein großes Thema
Inhaltlich betrachtet beschäftigen die Digitalisierung und die Lohnnebenkosten die Jungunternehmer im Land am meisten. Bürokratische Hürden und die regulatorische Komplexität sind es darüber hinaus, die Schwierigkeiten bereiten. 59 Prozent der Befragten sind nach eigenen Angaben davon betroffen. Über die Hälfte hat zudem mit dem Fachkräftemangel und Rekrutierungsschwierigkeiten zu kämpfen.

Ein fruchtbarer Boden
Für Unternehmerin Linda Meixner (Meixner Kommunikationsdesign & Offline Institute) sind es die Unsicherheiten, die einen fruchtbaren Boden für polarisierende Akteure bieten. „Das verschärft die Spaltung in der Gesellschaft und wird langfristig auch wirtschaftliche Folgen haben. Als Unternehmerinnen müssen wir gemeinsam Lösungen finden, um dem entgegenzuwirken.“
Keine Altersgrenze mehr
Die Junge Wirtschaft will deshalb mit gutem Beispiel vorangehen und ruft via soziale Medien zu Lösungsvorschlägen auf. Außerdem gibt es neue Formate, um konstruktive Debatten zu forcieren und unterschiedliche Perspektiven einzubringen. Im Zuge der anstehenden Wahlen lädt die JWV etwa zu einer Elefantenrunde mit den Landtagskandidaten. Außerdem soll das Alter keine Rolle mehr spielen, betont Mittelberger: „Wir wollen unsere bisherige Alterseintrittsgrenze von unter 40 Jahren abschaffen und die Mitgliedschaft schon ab 16 Jahren ermöglichen.”