“Konkursverfahren kommen meist nicht überraschend”

Markt / 16.09.2024 • 14:29 Uhr
"Konkursverfahren kommen meist nicht überraschend"

Öffentlich-rechtliche Gläubiger wie Finanzamt und Sozialversicherung sind heuer die häufigsten Antragsteller auf Eröffnung eines Konkursverfahrens über Vorarlberger Unternehmen. Regina Nesensohn vom KSV1870 weiß warum.

Feldkirch Es fällt in diesem Jahr besonders auf: Jene, die am häufigsten den Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens stellen, sind öffentlich-rechtliche Gläubiger. Das sind entweder das Finanzamt oder die Sozialversicherungsträger.

Wieso ist das so? Dass es nun vermehrt Anträge von öffentlich-rechtlichen Gläubigern gibt, hängt vor allem mit Corona zusammen. „Hier gab es ja Fristverlängerungen. Man konnte etwa Steuerzahlungen stunden oder in Raten zahlen“, erklärt Regina Nesensohn, Leiterin des Vorarlberg-Standorts des Kreditschutzverbandes KSV1870.  

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Regina Nesensohn leitet den Standort des KSV1870 in Vorarlberg. ksv

Viele hätten jedoch unterschätzt, dass die offenen Beträge dennoch zu zahlen sind. „Die Fälligkeit bleibt, und dann summieren sich noch andere Ausgaben wie Energie- und Materialkosten dazu“, sagt Nesensohn über die aktuelle Situation.

Vor dem Verfahren noch andere Schritte

Überraschend kämen Konkurseröffnungen für den Schuldner jedoch nicht, sagt Nesensohn. Denn es wird nicht sofort ein Konkursverfahren eröffnet. Davor gebe es noch andere Schritte. „Zunächst gibt es Mahnungen seitens der Gläubiger. Wird darauf nicht reagiert, kann der Gläubiger einen Konkursantrag stellen. Die Richterin oder der Richter holt dann den Schuldner ans Gericht und erörtert mit ihm die Sachlage. Wird die Forderung bezahlt, ist die Sache erledigt. Oft werden auch Ratenzahlungen ausgemacht. Erst wenn der Schuldner den Betrag nicht mehr aus dem laufenden Betrieb heraus stemmen kann oder sich nicht an die Ratenvereinbarung hält, wird überhaupt ein Konkursverfahren eröffnet – also erst bei Zahlungsunfähigkeit“, erklärt die Insolvenzexpertin.

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Überraschend?

Auch sie selbst sei im Rahmen von eröffneten Konkursverfahren oft mit überraschten Schuldnern konfrontiert. „Aber liest man dann die Protokolle, sieht man, dass es davor sehr wohl Gespräche gegeben hat, aber sich der Schuldner zum Beispiel nicht an die vereinbarten Ratenzahlungen gehalten hat.“

Der Weg der Antragstellung steht prinzipiell jedem Gläubiger offen – auch privaten Gläubigern bzw. Geschäftspartnern. Von diesen wird diese Möglichkeit aber selten gewählt, weil sie meist flexibler sind, wenn es um die Einigung bezüglich offener finanzieller Ansprüche geht oder auch den administrativen Aufwand scheuen. „Öffentlich-rechtliche Gläubiger sind im Umgang mit offenen Forderungen einfach auf andere Art organisiert“, so Nesensohn.

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Kein Rückgang erwartet

Wie geht es nun weiter mit den Unternehmensinsolvenzen, nachdem im ersten Halbjahr 2024 bereits 94 Firmen in die Pleite schlitterten? Regina Nesensohn erwartet, dass bis Jahresende die Marke von mindestens 140 Firmeninsolvenzen erreicht wird. Die Nachholeffekte aus der Coronazeit seien aber nur ein Grund für den Anstieg. „Gerade am Bau sehen wir auch die Folgen der gestiegenen Kosten und der KIM-Verordnung.“