Börsenexpertin Monika Rosen: „Unsicherheit ist Gift für die Börse“

Warum sich europäische Aktien aktuell besser entwickeln als US-Werte – und welche Rolle Donald Trump dabei spielt.
Bregenz Monika Rosen gilt als Koryphäe, wenn es um Börsenexpertise geht. Über zwei Jahrzehnte lang war sie Chefanalystin der Bank Austria. Außerdem ist sie Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Wie sieht sie die aktuellen Entwicklungen an den Börsen, speziell im Vergleich zwischen den USA und Europa?
S&P 500 oder STOXX 600?
„Der US-Index S&P 500 verzeichnete in den letzten zwei Jahren Anstiege von über 20 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Serie heuer im dritten Jahr in Folge fortsetzen lässt, ist sehr gering“, sagt Rosen im Gespräch mit den VN über den Aktienindex, der die Aktien von 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst. Und Europa? „Der STOXX 600, Aktienindex der 600 größten europäischen Unternehmen, befindet sich aktuell auf einem 30-Jahres-Hoch.“
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Die Gründe sind vielschichtig, viele haben aber mit US-Präsident Donald Trump zu tun. „Für ihn gab es zunächst viele Vorschusslorbeeren. Nun führen seine Zölle zu großer Unsicherheit, und Unsicherheit ist Gift für die Börse“, ist Rosen überzeugt. Auch das Rekordhoch des Goldpreises sei Ausdruck der herrschenden Unsicherheit. „Außerdem hat die chinesische KI-Firma Deep Seek Skepsis gegenüber den massiven Investitionen von US-Technologiekonzernen in Künstliche Intelligenz geweckt. Das alles spricht momentan für Europa.“

Langfristig oder kurzes Feuer?
Die Frage sei nun, ob die gute Performance Europas ein langfristiger Trend oder nur ein Aufflackern ist. „Trump ist prinzipiell unternehmerfreundlich. Er will durch sein Verhalten Dinge erreichen. Von der Ukraine will er seltene Erden, von den NATO-Mitgliedern, dass sie mehr Geld für ihre eigene Verteidigung ausgeben, von Kolumbien mehr Engagement gegen illegale Einwanderung. Sein unvorhersehbares Verhalten ist allerdings für Anleger nachteilig. Wird der Krieg in der Ukraine beendet, wäre das wiederum positiv für Europa. Auch weil es dann die Fantasie billiger Energie gibt, was wiederum für den Produktionsstandort gut wäre“, zeigt die Börsenexpertin die verschiedenen Aspekte auf. „Wer Europa aktuell übergewichtet hat, hat wohl alles richtig gemacht. Auch China wird derzeit von vielen hochgestuft.“
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Ob Europa letztlich seine Outperformance halten kann? „Hier sind die Meinungen geteilt. Ich denke aber, das wird nur funktionieren, wenn der gemeinsame Kapitalmarkt besser entwickelt wird. Europa muss daran arbeiten, denn hier gibt es noch viel Nachholbedarf. Bei der Finanzbildung, bei Unternehmensfinanzierungen, bei der Altersvorsorge.“
Trump im “reality check”
Für Trump beginne nun der Praxischeck. Es gehe darum, was er konkret umsetzen kann und auch welche unbeabsichtigten Folgen seine Politik hat. Ob er den S&P 500 im Blick hat? Zumindest war er nach Ronald Reagan im Jahr 1985 erst der zweite US-Präsident, der die New Yorker Börse besuchte.