Altpapier: Deshalb verzichten Vorarlberger Gemeinden auf bis zu 400.000 Euro jährlich

Markt / 04.03.2025 • 15:28 Uhr
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Sieht aus wie Abfall, ist aber ein begehrter Rohstoff: Altpapier wird vergütet – die Ausschreibung und vor allem der Zuschlag sorgt in der Branche für Diskussionen. dpa

Der Vorarlberger Gemeindeverband hat die Altpapier-Entsorgung neu ausgeschrieben. Doch der Bestbieter schaut durch die Finger. Das sorgt für Verwunderung und Ärger.

Dornbirn, Frastanz Die Müllentsorgung  – nicht nur in Vorarlberg – ist ein sensibles Thema, bei dem man zuweilen daneben greifen kann. Das war auch der Grund dafür, dass der Gemeindeverband den Vertrag mit der oberösterreichischen Energie AG, welche die letzte Ausschreibung der Entsorgung von Altpapier zusammen mit der Vorarlberger Rhomberg Gruppe gewonnen hat, im Oktober 2024 beendet hat. Damals wurde der Auftrag ohne Ausschreibung an Loacker Recyling weitergereicht.

Doch was wie eine sichere Bank für Loacker aussah, wurde gestört. Ein Frastanzer Unternehmen beteiligte sich an der Ausschreibung und legte ein deutlich besseres Angebot. Das bestätigen auch Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann und Geschäftsführer Günter Meusburger auf VN-Anfrage. Doch damit beginnt eine weitere Geschichte, die jetzt für Diskussionen sorgt sorgt. Der Bestbieter – Papiererzeuger Rondo – hat bei der Ausschreibung nämlich nicht den Zuschlag bekommen.

Udo nachbaur
Rondo-Vorstand Udo Nachbaur (im Hintergrund Vorstand Hubert Marte) hat für die Altpapier-Entsorgung das beste Angebot gelegt: “Verstehe nicht, dass Gemeinden in der prekären Finanzlage auf hunderttausende Euro jährlich verzichten.” VN/Sams

Alle Trümpfe in der Hand

“Von Anfang an: Bei der Energie AG wurde das Altpapier gesammelt, nach Beschaffenheit sortiert, in Dornbirn umgeladen und im Idealfall mit der Bahn nach Oberösterreich transportiert, wo es wieder zu „neuem Papier oder Karton“ gemacht wurde. Ein Großteil ist übrigens mit dem Lastwagen nach Oberösterreich gelangt.”

Rondo-Ganahl Produktion
Die einzige Papierfabrik im Umkreis von hunderten Kilometern wird in Frastanz betrieben. Ein wichtiges Argument mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck der Altpapier-Verwertung. VN

Den Zuschlag bekommen hat Loacker Recycling, obwohl die Frastanzer Papiermacher die Trümpfe in der Hand hatten: Die Transportwege wären wirklich kurz gewesen. Das Altpapier hätte man statt in eine hunderte Kilometer entfernte Papierfabrik direkt nach Frastanz transportiert, was auch den ökologischen Fußabdruck drastisch reduziert. Kosten für die teure Sortierung der Papiersorten wären entfallen, weil, so Rondo-Vorstand Udo Nachbaur auf VN-Anfrage, es die Veränderungen im Altpapiermix möglich machen, auf eine Trennung zu verzichten: „Durch unsere Möglichkeit des direkten Einbringens des Altpapiers in unsere Papiermaschine können höhere Vergütungsentgelte bezahlt werden.“

Vergütung für Altpapier

Ein wichtiges Argument, so Nachbaur. „Die Gemeinden sind ob der gespannten Finanzlage auf jeden Euro mehr angewiesen. Jetzt wird auf 200.000 bis 400.000 Euro jährlich an Vergütung verzichtet“, so ein bekannter Vorarlberger Entsorger, der nicht genannt werden will. Vergütung deshalb, weil es nicht um Entsorgungskosten geht. Den Gemeinden werden die rund 30.000 Tonnen Altpapier, die jährlich anfallen, abgekauft.

Im Vorarlberger Gemeindeverband sieht man die Sache vermutlich gleich – „wir hätten das Angebot gerne angenommen“, sagen die Präsidentin des Verbandes, Andrea Kaufmann, und Geschäftsführer Günter Meusburger auf VN-Anfrage. Meusburger weist zugleich darauf hin, dass das Bieterverfahren korrekt abgewickelt wurde – was auch Rondo nicht in Zweifel zieht.

Günter Meusburger hat Wünsche an Staat und Gesellschaft.
Günter Meusburger hat Wünsche an Staat und Gesellschaft.

„Wir sind dem Bundesvergabegesetz verpflichtet“, so Meusburger, deshalb habe man bei dem Verfahren mit einer renommierten Kanzlei zusammengearbeitet, die aus rechtlichen Gründen von einem Zuschlag abgeraten habe. Es habe auch zwei Anfragen der Kanzlei an Rondo gegeben, informiert Nachbaur, „wir haben zweimal unser Modell vorgelegt und wollten das erläutern“. Das gelang nicht – ein finanzieller wie ökologischer Schaden für die Gemeinden. Am Prozedere liegt es nicht. Dass das Verfahren selbst korrekt gelaufen ist, stellte bereits das Landesverwaltungsgericht fest. In Zweifel gezogen wird aber in der Ganahl AG-Chefetage ebenso wie in weiten Teilen der Entsorgungsbranche, ob es der richtige Weg sei, finanzielle wie ökologische Verbesserungen nicht zuzulassen, weil es einfach bequemer ist, eingefahrene Wege nicht zu verlassen. Auch wenn man dabei bares Geld verliert.