“Große Chancen am Weltmarkt, wenn wir unseren Charme spielen lassen”

Markt / 16.04.2025 • 15:57 Uhr
"Große Chancen am Weltmarkt, wenn wir unseren Charme spielen lassen"
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer im Gespräch mit VN-Chefredakteurin Isabel Russ: “Wenn wir unsere Produkte nicht verkaufen, können wir die Einkommen nicht garantieren, gibt es keine Altersheime, gibt es keine Spitäler.” VN/Paulitsch

Wolfgang Hattmannsdorfer wurde parteiübergreifend als Wirtschaftsminister begrüßt. Sein Einstieg in die Politik erfolgte im ÖAAB, bevor er nun das Ministeramt übernahm, war er für kurze Zeit Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich.

von Isabel Russ/Andreas Scalet

Schwarzach Der neue Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer skizzierte bei seinem Besuch in der VN-Redaktion seine Wirtschaftspolitik, die Prioritäten für den Standort und wie Österreich wieder in den Vorwärtsgang kommt – und: wie er die Bürokratie abbauen will.

Herr Hattmannsdorfer, Sie übernehmen in echten Krisenzeiten das Wirtschaftsministerium. Wo setzt man überhaupt an, was ist derzeit ihre wichtigste Agenda?

Wolfgang Hattmannsdorfer Internationaler Handel, Internationalität. Gerade Vorarlberg ist ja das beste Beispiel dafür, mit einer sehr exportstarken Wirtschaft. Wo genau unser Wohlstand begründet liegt, das ist eine starke Exportwirtschaft. Wenn wir unsere Produkte nicht verkaufen, können wir die Einkommen nicht garantieren, gibt es keine Altersheime, gibt es keine Spitäler.

"Große Chancen am Weltmarkt, wenn wir unseren Charme spielen lassen"
Hattmannsdorfer: “Auch wenn der Zollkonflikt gelöst wird, wird sich nichts daran ändern, dass die USA ein schwer einschätzbarer Handelspartner bleiben.”

Donald Trump hält die ganze Welt in Atem. Die EU hat nun mit einem eigenen, derzeit wieder ausgesetzten, Zollpaket geantwortet – wie wichtig ist diese gemeinsame Antwort?

Entscheidend war, dass die EU mit einer selbstbewussten, geschlossenen Antwort auf Trump mit dem ganz klaren Ziel, Verhandlungen zu erreichen, aufgetreten ist.

Kann man als Antwort auf Donald Trump Strategien definieren?

Selbstverständlich muss man das. Auch wenn der Zollkonflikt gelöst wird, wird sich nichts daran ändern, dass die USA ein schwer einschätzbarer Handelspartner bleiben. Umso wichtiger ist, dass wir neue Absatzmärkte definieren.

Sie haben Indien als neuen Absatzmarkt definiert…

Es ist immer wichtig, im europäischen Verbund zu denken, aber gerade Österreich hat so ein hohes Ansehen, dass wir am Weltmarkt Chancen haben, wenn wir unseren Charme spielen lassen. Und da ist Indien ein Potenzialmarkt, genauso die Golfregion.

Sie haben sich für das Handelsabkommen Mercosur stark gemacht. Aber Sie wissen, wie das in Österreich ankommt…

"Große Chancen am Weltmarkt, wenn wir unseren Charme spielen lassen"
Im Gespräch: Minister Hattmannsdorfer, Chefredakteurin Isabel Russ, Wirtschaftsredakteur Andreas Scalet und Wirtschaftslandesrat Marco Tittler.

Wichtig ist auf jeden Fall dass man einerseits auf die Sorgen der Landwirtschaft eingeht, auf der anderen Seite aber auch sicherstellt, dass wir mit Südamerika einen neuen Absatzmarkt bekommen.

Landeshauptmann Markus Wallner hat sich wiederholt kritisch zum Freihandel geäußert, konnten sie ihn überzeugen?

Landeshauptmann Wallner und ich haben da glaube ich die gleiche Meinung. Es hat zum Beginn der Verhandlungen sehr berechtigte Sorgen gegeben. Jetzt hat es sehr, sehr intensive Verhandlungen gegeben und ich glaube, es ist jetzt wichtig, dass die Kommission möglichst rasch den finalen Vertrag vorlegt. Dann kann man beurteilen, ob auf die Sorgen ausreichend eingegangen wurde. Das ist generell ein Problem in unserer Politik. Wir denken immer nur in schwarz und weiß. Mit dieser Denke werden wir die großen herausfordernden Fragestellungen der Zeit nicht lösen können.

Bürokratie kann Österreich gut. Wo kann man tatsächlich anfangen?

Mein erster Ministerratsantrag, den ich vorgelegt habe, beinhaltet eine massive bürokratische Erleichterung im Bereich des Steuerrechtes mit der Verdoppelung der Pauschalierungsgrenzen. Oder die Abschaffung der Belegausdruckpflicht, die fallen wird bis 35 Euro. Die nächsten großen Schritte, und das habe ich auch mit Landesrat Marco Tittler beraten, sind massive Vereinfachungen im Bereich von Genehmigungsverfahren.

Für unsere Wirtschaft gibt es weitere Hindernisse, um wieder in die Spur zu kommen, zum Beispiel die hohen Energiepreise.

Wir werden bis Sommer zwei zentrale Schlüsselgesetze vorlegen. Zum einen das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz und das zweite ist das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, wo es um die Frage geht, wie man die Netzkosten senken kann.

Schwierig sind auch die hohen Arbeitskosten in Österreich…

Unsere größte Herausforderung ist, dass in den letzten fünf Jahren die Löhne inflationsbereinigt um zwei Prozent gestiegen sind, aber die Produktion inflationsbereinigt um fünf Prozent zurückgegangen ist. Aber es ist bekannt, dass die Republik derzeit dringend Geld benötigt. Deswegen heißt es jetzt zwei Jahre konsolidieren und dann ist das Ziel einen klaren Fokus auf auch die Senkung der Lohnnebenkosten zu legen.

Zur Person

Wolfgang Hattmannsdorfer

Geboren 20. November 1979

Ausbildung Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz, Executive-Studium Political Marketing an der George Washington University (Washington DC 2007), Studium International Management an der National Taiwan University (Taipei).

Karriere 2015 bis 2021 Abgeordneter zum Oö. Landtag, 2021 bis 2024 Landesrat für Soziales und Integration in Oberösterreich, seit 2024 Nationalratsabgeordneter und ab 1.1.2025 Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich

Privat verheiratet. zwei schulpflichtige Söhne.