Neun Wochen Serien, Social Media und Chillmodus – statt echter Erfahrungen

Unternehmerin Verena Eugster wünscht sich bei Ferialtätigkeiten ein Arbeitsgesetz mit Augenmaß.
Die Zeit für Ferialtätigkeiten hat wieder begonnen, doch wie sind überhaupt die Voraussetzungen?
Im Sommer ist Zeit für Urlaub, aber auch dafür, Verantwortung zu übernehmen. Und wir sollten Möglichkeiten schaffen, die unseren Kindern und Jugendlichen genau das erlauben. Vor allem, weil ich sehe, wie viel Potenzial da wäre. Meine zwölfjährige Nichte schaut mir begeistert beim Arbeiten zu – nicht, weil sie arbeiten muss, sondern mit echtem Interesse, weil sie sieht, dass Arbeit Sinn stiften kann. Sie will, wie viele andere auch, dazugehören, mithelfen, lernen. Und ich finde: Wenn Kinder und Jugendliche freiwillig Verantwortung übernehmen wollen, sollten wir das nicht durch starre Gesetze verhindern.
Wie sieht die Gesetzeslage denn aus?
Kinder unter 15 Jahren, also bis zum lehrfähigen Alter, dürfen keine bezahlte Tätigkeit ausüben. Auch nicht dann, wenn sie es selbst wollen und ein geschütztes Umfeld vorhanden ist. Das halte ich für nicht mehr zeitgemäß. Früher hat man auf dem Bauernhof oder im Familienbetrieb mitgeholfen. Dafür waren die neun Wochen Schulferien vor langer Zeit auch einmal eingeführt worden. Dass es hier einer Anpassung bedarf, ist schon viele Jahre ein Thema. Heute endet der Sommer oft in digitaler Dauerschleife. Neun Wochen Serien, Social Media und Chillmodus – statt echter Erfahrungen.
Was muss sich ändern?
Ich wünsche mir ein Arbeitsgesetz mit Augenmaß. Es soll möglich sein, unter sicheren Bedingungen einfache Tätigkeiten auszuüben – auch unter 15 Jahren. Natürlich mit klaren Regeln und Schutzmechanismen, aber mit dem Ziel, Jugendlichen Verantwortung zuzutrauen. Von der Jungen Wirtschaft gibt es dazu verschiedene Schulprojekte und auch ich bin selbst immer wieder in Schulen, um für die Themen Unternehmertum und Arbeit zu motivieren. Dabei geht es nicht um Theorie, sondern die gelebte Praxis. Denn wer früh lernt, sich einzubringen, entwickelt Selbstvertrauen, Kommunikationsfähigkeit und Unternehmergeist. Und genau das brauchen wir in unserer Gesellschaft. So schaffen wir einen Gegentrend zur Sommer-Lethargie: Weg vom Dauerchillen – hin zur Lust am Tun und der gesellschaftlichen Teilhabe. Vielleicht sogar zur Lust auf das eigene Unternehmen.