Radikaler Vorschlag: Tabula rasa in den Fördertöpfen

Markt / 03.08.2025 • 11:00 Uhr
Radikaler Vorschlag: Tabula rasa in den Fördertöpfen
Förderwürdig wären laut Agenda Austria nur noch Bereiche mit positiven gesellschaftlichen Effekten, etwa Infrastrukturprojekte im Bahn-, Energie- oder Telekommunikationsbereich. FA

Die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria hat das österreichische Fördersystem analysiert und fordert radikalen Umbau. Das könnte Österreich wieder auf einen korrekten Budgetpfad bringen. Die aufgearbeiteten Zahlen sind aber auch eine Bestandsaufnahme als Grundlage für die Politik.

Wien Angesichts der nun schon seit Monaten geführten Debatte um die Sanierung des österreichischen Haushalts und angekündigter Kürzungen von Förderungen ist Jan Kluge, Ökonom in der Denkfabrik Agenda Austria, der Sache auf den Grund gegangen. Die Aufgabe war nicht einfach: Denn zuerst galt es, alle Förderungen, die derzeit in Österreich ausgeschüttet werden, zu erfassen, damit die Politik und andere Interessenvertreter überhaupt einmal wissen, von was gesprochen wird.

Milliardenbeträge

Und die Zahlen haben es in sich: Nach dem Bundeshaushaltsgesetz (BHG) hat der Staat im Jahr 2023 fast 37 Milliarden Euro für Förderungen ausgegeben. Der kleinere Teil,  nämlich rund elf Milliarden  waren dabei direkte Förderungen; hier bekommt der Fördernehmer das Geld einfach auf die Hand.  Der weitaus größere Teil – fast 26 Milliarden – sind aber indirekte Förderungen; hier gewährt der Staat bestimmte Steuervergünstigungen. Dazu gehören zum Beispiel der Familienbonus Plus, die Forschungsprämie für Unternehmen, aber auch der reduzierte Umsatzsteuersatz auf Lebensmittel. Die Zahlen sind von 2023, die Zahlen für das Jahr 2024 werden erst 2026 vom Finanzministerium veröffentlicht. Was es aber gibt ist eine vorläufige Zahl für den Umfang der direkten BHG-Förderungen im Jahr 2024: 12,9 Milliarden Euro.

Förderung 2*
Förderung 2*

Sicher ist, dass die von der Regierung geplanten Einsparungen, nicht reichen werden, will man das Budget tatsächlich wieder in Ordnung bringen. „Die Förderungen, die jetzt gestrichen wurden“, so Kluge im Gespräch mit den VN, „sind viel Augenauswischerei“, auch die Zielvorgabe der Task Force sei eher entspannt, „das sind ein paar 100.000 Euro, die mit Taschenspielertricks hereinkommen sollen.“ Der Vorschlag der Denkfabrik ist radikal: „Wir streichen. Alles“ lautet der Titel der Analyse. Und ausgehend von diesem „weißen Blatt“, wie Kluge es nennt, könne man das System dann reformieren.

Jan Kluge
Agenda Asutria Ökonom Jan Kluge: Sicher ist, dass die von der Regierung geplanten Einsparungen, nicht reichen werden, will man das Budget tatsächlich wieder in Ordnung bringen. FA

Wenn es so einfach wäre. Auch Kluge ist klug genug, um zu wissen, dass seine Analyse in Sachen Förderungen nicht zu einem Umdenken in der Politik führt – „Wir machen uns keine Illusionen“, doch es könne ein Anstoß sein, die übliche Förderpraxis zu überdenken. Er ortet aber auch verhaltensökonomisch eine österreichische Eigenheit, wenn er die aktuellen Diskussionen über notwendige Einsparungen von Förderungen verfolgt: Genauso wie österreichische Politiker daran glauben, dass sie mit Förderungen, bzw. jenen die wie Geschenke wirken, die Wähler überzeugen können, sei zu beobachten, dass viele Österreicher lieber Geld scheinbar geschenkt bekommen als eine vernünftige Steuerpolitik, die nachhaltig wirke.

Förderung 3

“Förderung rechtfertigen”

Kernaussage der Analyse, bzw. deren Schlussfolgerung ist die Forderung “Nicht die Abschaffung einer Förderung muss gerechtfertigt werden, sondern eine Förderung selbst ist es, die eine Begründung braucht”, so Jan Kluge im Gespräch mit den VN. Dazu gehöre auch die regelmäßige Prüfung von Förderungen, die durchaus einmal Sinn gehabt hätten – wie z. B. das Dieselprivileg. Als förderwürdig gelten, so die Agenda Austria,  dann nur noch Bereiche mit positiven gesellschaftlichen Effekten, etwa Infrastrukturprojekte im Bahn-, Energie- oder Telekommunikationsbereich sowie Forschung und Entwicklung.

Förderung 1

Abfederung für soziale Härten

Natürlich müsse man auch differenzieren – schließlich könne so eine Reform in der Übergangsphase soziale Härten verursachen könnte. Zur Abfederung sollen daher 4 Mrd. Euro für gezielte Kompensationsmaßnahmen bereitgestellt werden. Beispiele, zumindest im Ansatz gebe es – etwa in den nordischen Ländern, radikal sei die Abschaffung von allen Agrarförderungen in Neuseeland gewesen: Das sei am Anfang hart gewesen und habe auch einige Betriebe die Existenz gekostet, aber langfristig sei die neuseeländische Agrarwirtschaft wettbewerbsfähig. Wobei: Agrarförderung ist eine EU-Förderung, stellt Kluge klar.

Förderung 4
Förderung 4
Förderung 5