Börsentipp: EU plant Telekom-Reform

Lisa Ess (Volksbank Vorarlberg) über die Neubewertung von Telekomunternehmen.
Rankweil Seit ihrem Tiefpunkt am 6. März 2009, als der EURO STOXX 50 sein Jahrtausendtief erreichte, bilden Kommunikationsdienstleister den Sektor mit der schlechtesten Performance in der Eurozone. Sie blieben in diesem Zeitraum um 65 % hinter dem Gesamtmarkt zurück und gehören damit zu den größten Zerstörern von Eigenkapital weltweit in den letzten 15 Jahren.
Das Kernproblem ist die extreme Fragmentierung des Marktes in der Eurozone. Hier konkurrieren 45 namhafte Telekom-Anbieter, verglichen mit acht großen in den Vereinigten Staaten, vier in China, vier in Japan und drei in Südkorea. Diese starke Zersplitterung resultiert in niedriger Preismacht und geringen Investitionen pro Nutzer. Während in den USA und Asien Milliarden in Glasfaser und 5G fließen, liegt Europa bei der Netzabdeckung und der Internetgeschwindigkeit weit zurück. Dabei ist diese geringe Investitionskraft nicht nur ein Branchenproblem, sondern ein gesamtwirtschaftliches Risiko. Ohne leistungsfähige Netze droht Europa, bei digitalen Schlüsseltechnologien dauerhaft hinterherzuhinken.
Doch nun scheint sich ein politischer Kurswechsel abzuzeichnen. Die EU-Kommission, gestützt durch Berichte von Mario Draghi und Enrico Letta, fordert einen einheitlichen europäischen Markt mit harmonisierten Regeln und erleichterten Fusionen über Ländergrenzen hinweg. Diese Reformen sollen Skaleneffekte ermöglichen, Investitionen fördern und Europas digitale Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Für Investoren bietet die Branche attraktive Perspektiven: Telekomunternehmen verfügen in der Regel über stabile Cashflows, sind derzeit günstig bewertet und bieten teils hohe Free-Cashflow-Renditen. Mit politischem Rückenwind und wachsender Profitabilität könnte eine Neubewertung bevorstehen.
Lisa Ess, lisa.ess@vvb.at, Vermögensverwaltung Volksbank Vorarlberg