Trotz schwerer Krankheit zur gefeierten Künstlerin

Menschen / 29.10.2017 • 21:23 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Aisling Walsh hat sich sofort in das Drehbuch verliebt. reuters
Aisling Walsh hat sich sofort in das Drehbuch verliebt. reuters

Walsh hat das Leben von Künstlerin Maud Lewis verfilmt.

Berlin Der Film zählte zu den herausragenden Produktionen der diesjährigen Berlinale. Schon dort konnte man Klopfzeichen für die nächste Oscar-Verleihung orten. Jetzt läuft „Maudie“ in den österreichischen Kinos. Die wie immer großartige Sally Hawkins verkörpert die Titelrolle, Ethan Hawke ist ihr kongenialer Partner. Aisling Walsh hat inszeniert.

 

Sie erzählen eine wahre Geschichte. Maud Lewis ist durch rheumatische Arthritis schwer beeinträchtigt. Sie ist zierlich, humpelt und beide Hände sind verkrüppelt. Trotzdem möchte sie nur eines: malen, malen, malen. Die Familie traut ihr überhaupt nichts zu. Erst, als sie der barsche Fischer Everett Lewis als Haushälterin aufnimmt, sieht sie die Chance, sich ihren Traum zu erfüllen. Wie sind Sie auf diesen Stoff gekommen?

WALSH Indem ich von der Produktionsfirma das Drehbuch erhielt. Nachdem ich es gelesen hatte, rief ich sofort meine Agentur an und erklärte: „Das muss ich machen!“ Ich wusste auch schon, mit wem.

 

Nämlich?

WALSH Zwei Jahre vorher hatte ich Sally Hawkins kennengelernt, seither wollten wir schon immer einmal zusammenarbeiten. Und mir war sofort klar: Wenn „Maudie“, dann nur mit ihr.

 

Wie hat sie reagiert?

WALSH Auch sie hat sich spontan in das Drehbuch verliebt. Um sie zu ködern, habe ich ihr auch ein Bild von Maud aus deren späterer Schaffensperiode geschickt. Es zeigt Maudie selbst, in einer Ecke am Fenster sitzend. Sally war von ihrem unglaublichen Lächeln und ihren glänzenden Augen auf diesem Bild sehr angetan.

 

Hatte sie keine Angst vor dieser komplizierten Rolle?

WALSH Doch. Sie gestand mir ihre Zweifel. Sie hat sich immer wieder gefragt, wie sie das packen könnte, und vor allem: mit wem? In der Tat war das die größte Hürde. Wir brauchten einen ganz besonderen Partner für sie, einen, der die Wandlung vom anfänglichen Griesgram in einen liebevollen Partner glaubhaft machen konnte. Ein schauspielerischer Gewaltmarsch, wie Sie im Kino sehen können. Mir fiel Ethan Hawke ein, der in Blockbuster-Gefilden genauso zu Hause ist wie bei höchst anspruchsvollen Projekten. Unser Glück war, dass er gerade frei war. In der Tat hat er Herz und Seele in diese Rolle gebracht.

 

Wie verlief der Dreh mit den beiden?

WALSH Für mich ist Maud ein verwundeter Vogel und Everett die Vogelscheuche. Zwei unterschiedlichste Charaktere, die auf engstem Raum und in karger Landschaft, ohne Elektrizität, an der kanadischen Ostküste zusammenleben und zusammenwachsen. Sally hat sich unglaublich hineingesteigert, sie hatte nicht nur permanent einen Bewegungs-Coach, um ihr körperliches Handikap und den fortschreitenden Verfall überzeugend darstellen zu können, ich zwang sie auch, neun Monate lang, Woche für Woche, selbst zu malen.

 

Maudie starb 1970, wo findet man ihre Bilder heute?

WALSH Sie wurde zur Pionierin der „Folk Art“, und viele Bilder hängen natürlich in der Kunstgalerie in Nova Scotia. Aber genauso auf Superyachten, in abgelegenen Waldhütten in Labrador, in Cottages am Ozean und wahrscheinlich auch noch auf vielen staubigen Dachböden in ganz Kanada. Sie war ja sehr fruchtbar.

 

Sie sind zwar Irin, leben aber in London. Was ist Ihre Meinung zum Brexit?

WALSH Shame, such a shame! Ich hoffe noch immer unverzagt auf ein Zurück. LH