Beruf und Berufung

Gabriel Steiner ist Pastoralpraktikant, Diakon und Religionslehrer.
GÖTZIS, NÜZIDERS Ein Gespräch mit Gabriel Steiner zu führen, ist wohltuend. Der dynamisch wirkende junge Mann hört zu, überlegt und gibt klare Antworten, die zum Weiterdenken anregen. Vielleicht ist Tiefsinnigkeit der beste Ausdruck dafür, die jedoch mit einer Portion Humor einhergeht. Überhaupt strahlt der gebürtige Nüziger einen grundsätzlichen Optimismus aus, seine positive Lebenseinstellung kommt auch im Gespräch immer wieder zum Vorschein. Aber auch in seinem Tun wirkt er völlig authentisch. Gabriel Steiner ist Diakon und Pastoralpraktikant in Götzis, Altach und Meschach, außerdem unterrichtet er mit Freude an der Volksschule Altach. „Das, was ich tue, ergibt einen Sinn. Aus diesem Sinn heraus erlebe ich Erfüllung, diese entspringt regelrecht daraus – und diese geht wiederum mit Freude einher“, berichtet er von seinem Antrieb, diesen beruflichen Weg gewählt zu haben.
Achtsamkeit als ein Fundament
Gott und der katholische Glaube haben in seiner Familie immer schon eine tragende Rolle gespielt: „Das war jedoch recht unaufgeregt, also nicht übertrieben. Wie man Bürger von Nüziders ist, gehört man eben auch der Pfarre an.“ Die sonntäglichen Kirchenbesuche mit der Familie gehörten einfach zum Wochenablauf dazu. Schon früh brachte er sich in der Pfarre als Ministrant ein und wurde sodann zum Ministrantenleiter. Seine Studienwahl fiel nach längerem Überlegen und wunderbaren Fügungen auf die katholische Theologie an der Universität Innsbruck. Ein Semester verbrachte er an einer Partneruniversiät in Pune, Indien. Auch dies war eine besondere Erfahrung: „Eine andere Kultur kennenzulernen, ist bereichernd und fruchtbringend. Der eigene, eurozentrische Blick wird einem bewusst. Durch genaues Hinsehen und Hinhören wird man automatisch achtsamer, was an Liebenswertem und auch an Wahrheit da ist.“ Der Begriff Achtsamkeit spiele generell eine große Rolle in seinem Leben: „Achtsamkeit gegenüber sich selbst, gegenüber anderen Menschen, aber auch gegenüber einer persönlichen Transzendenz, die das, was wir in der Welt wahrnehmen, übersteigt. Gott nimmt mich wahr, liebt, begleitet, führt und tröstet mich.“ Das Einüben der Achtsamkeit sei ein Prozess, der die ganze Lebensspanne eines Menschen umfasse.
Trost spenden
„Mein Beruf ist für mich eine Berufung, die ich das ganze Leben ausüben werde. Ich habe mich vor sieben Jahren zu diesem Weg entschieden, seither habe ich mich darin eingeübt und erlebe nach wie vor das Gefühl der Berufung, wofür ich dankbar bin“, betont der 28-Jährige. Trost spenden, Dankbarkeit sowie Achtsamkeit mit anderen Menschen einüben sind Grundwerte, die für ihn prägend sind und ihm Kraft geben: „Der Herr ruft mich, das ist für mich in vielen Dingen spürbar.“ Insbesondere beim Empfang und Feier der Sakramente ist Gott für ihn präsent: „Dabei ist es nicht immer selbstverständlich, dass ich seine Gegenwart dort erfassen kann.“ Die Hinwendung Gottes zum Menschen ist für den überzeugten Christen ein Geschenk, das man annehmen könne oder nicht. Bei der Spendung der Krankensakramente erlebe er immer wieder bewegende Momente: „Manche betagte Menschen haben so viel erlebt, teilweise waren das äußerst schwere Schicksalsschläge, und sie wurden dennoch nicht verbittert. Beim Hören ihrer Lebensgeschichten empfinde ich Demut und Dankbarkeit.“
Soziale Zugehörigkeit
Das aktuelle Zeitgeschehen empfinde er als sehr fordernd: „Die Menschen vereinsamen immer mehr. Ich nehme eine steigende Egozentrierung wahr, die nicht einmal aus einem schlechten Belang heraus erfolgt. Man präsentiert sich auf Facebook, Tinder und Instagram – das reelle Leben bleibt aber auf der Strecke. Dabei ist das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit ungebrochen.“ Für Gabriel Steiner liegt die Wertigkeit nicht an den Dingen an sich wie etwa bei Zeit oder Geld, sondern darin, wie diese genützt werden. Der begeisterte Orgelspieler benennt als wichtigen Gegenpol zum gesellschaftlichen Narzissmus das aktive Zuhören im Gespräch mit anderen Menschen – und sei es auch nur für die Dauer eines Telefonats. BI
„Ich nehme eine steigende Egozentrierung wahr, die nicht einmal aus einem schlechten Belang heraus erfolgt.“



Zur Person
GABRIEL STEINER
Geboren 2. Oktober 1994
Wohnort Götzis, Nüziders
Beruf Diakon, Patoralpraktikant, Religionslehrer
Hobbys Musizieren, Bergsport