„Nehme mich gerne selber auf die Schippe“

Oliver Mommsen über seine neue ARD-Reihe, in der er einen schnöseligen TV-Kommissar spielt.
Berlin Als Bremer „Tatort“-Kommissar wurde Oliver Mommsen bekannt, jetzt nimmt der Schauspieler seine langjährige Rolle als TV-Ermittler auf die Schippe: In der neuen Krimireihe „Mord oder Watt“ (ARD) verkörpert Mommsen den Schauspieler Tim Seebach, der als Fernsehkommissar erfolgreich und beliebt ist. Als der TV-Star aus Bremerhaven in seinem Privatleben über mehrere Mordfälle stolpert, greift er der Polizei ungebeten bei den Ermittlungen unter die Arme.
Herr Mommsen, Millionen Menschen kennen Sie als früheren „Tatort“-Kommissar, in einer neuen Krimireihe spielen Sie jetzt einen Schauspieler, der als Fernsehkommissar ein Star ist. Also ein Stück weit sich selbst?
Mommsen Die Figur wurde mir regelrecht auf den Leib getackert. Eigentlich war ich nach 17 Jahren „Tatort“ ein bisschen ermittlungsmüde. Aber hier konnte ich nicht Nein sagen. Sich selber auf die Schippe zu nehmen, kritisch zu betrachten und zu fragen: Wie viel von mir steckt eigentlich in diesem schnöseligen Typen drin? Das war ein königlicher Spaß.
Warum haben Sie und Sabine Postel damals eigentlich als Bremer Ermittlerteam Schluss gemacht?
Mommsen Das hat sich bei uns beiden über die Jahre entwickelt, irgendwann war einfach der Moment erreicht. Ein Grund für mich war: Das, was ich als Kommissar zu spielen hatte, war überschaubar – in Bremen stand ganz oft der Fall im Vordergrund, was auch toll war. Aber für die Geschichte der Ermittler war da selten auch noch Platz.
Haben Sie Ihren Ausstieg jemals bereut?
Mommsen Ich hatte eine Weile schlaflose Nächte und auch jetzt denke ich noch manchmal: Bobby Ewing ist ja auch nach seinem angeblichen Tod in „Dallas“ wieder aus der Dusche rausgekommen – vielleicht hat Inga Lürsen Stedefreunds Tod ja auch nur geträumt und er kehrt zurück. Aber auf der anderen Seite bin ich wieder so spielhungrig geworden, ich spiele Papas, Männer zwischen Frauen, Mafiosi, Eigenbrötler, Träumer, und niemand nennt mich mehr Stedefreund.
In der Regel spielen Sie Sonnyboys. Möchten Sie nicht öfter mal den Schurken spielen?
Mommsen Natürlich möchte ich auch gerne Mörder und abgründige Typen spielen, aber das passiert nicht so oft, denn natürlich habe ich einen Stempel. Vor vielen Jahren, als ich in der Serie „Fieber – Ärzte für das Leben“ einen Doktor gespielt habe, stand im Drehbuch: „Er betritt den Raum und die Sonne geht auf.“ Aber das hat sich zumindest ein Stück weit geändert. Schon im „Tatort“ habe ich mich nicht mehr durch die Filme durchgelächelt und jetzt werden die Figuren, die ich spiele, allmählich Männer.
Tim Seebach in Ihrer neuen Filmreihe ist der Star des fiktiven TV-Formats „Der Lux“ – was darf man sich darunter vorstellen?
Mommsen Das habe ich unseren Regisseur auch gefragt. Er meinte, das sei so etwas wie „Kommissar Rex“ oder „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“, auf jeden Fall ein Dauerbrenner. Seine Spezialität ist, dass er seine Stunts selber macht, aber das fällt ihm zunehmend schwer, und er hat Angst um seinen Job. Wir nehmen damit unter anderem auch diesen Jugendwahn in unserer Branche aufs Korn und die damit verbundene Gefahr, dass irgendwann die Karriere vorbei ist.
Sind Schauspieler eigentlich wirklich so eitel wie Tim Seebach, der sich die Haare färbt und sich für den Nabel der Welt hält?
Mommsen Tim Seebach erfüllt all die Klischees, die viele Leute von Schauspielern haben. Er ist egozentrisch, wehleidig, überheblich, er verwechselt Realität mit Fiktion. Aber das passiert mir nicht. Bei unseren Gaststars im „Tatort“ konnte ich eines beobachten: Je größer der Star, desto weniger Allüren hat er. ski