Doku im Spielboden zeigt die ersten 20 Tage in Mariupol: “Der Krieg ist nicht vorbei”

Am 6. März wird der Film “20 Tage in Mariupol” am Spielboden präsentiert. Ukrainerinnen, die dabei waren, über das Erlebte.
Mariupol, Dornbirn Sirenen ertönen, Flugzeuge, die Raketen auswerfen, fliegen über die Dächer. Auf der Straße sind in Panik versetzte Menschen zu sehen, die auf der Suche nach einem Schutzraum sind. Ein Ärzteteam versucht ein kleines Kind wiederzubeleben. Nach den ersten Minuten des Dokumentarfilms “20 Tage in Mariupol” breitet sich die Gänsehaut am Körper aus.

Bereits am ersten Tag der russischen Invasion vor zwei Jahren wurde Mariupol belagert. Die Stadt wurde sofort abgeriegelt. Mariupol war umgeben von russischen Soldaten und Panzern. Eine Gruppe von ukrainischen Associated-Press-Journalisten ist dennoch dort geblieben und hat die Gräueltaten gefilmt – daraus ist “20 Tage in Mariupol” entstanden. Unter den Menschen war auch Olga Achkan, die jetzt in Gaschurn wohnt. Sie war mit ihrer Tochter und 5000 anderen Einwohnern in einer der vielen Hallen des Sportkomplexes untergebracht. “In der ersten Nacht waren wir zu Hause. Ich habe eine Matratze auf den Boden im Flur gelegt, weil die Leute gesagt haben, man muss sich zwischen zwei Wänden verstecken, wegen der Explosionen”, erklärt sie. “Am nächsten Tag habe ich gemerkt, dass es zu gefährlich ist und wir einen Schutzraum suchen müssen.”

Achkan hatte nur drei Taschen dabei. Eine war vollgefüllt mir Medikamenten, eine andere mit Lebensmitteln und die dritte mit wichtigen Dokumenten. “Es war beängstigend, nach draußen zu gehen. Die fünf Minuten zur Halle kamen mir wie eine Ewigkeit vor”, erzählt sie. Nach einigen Tagen gab es bereits kein Wasser und keinen Strom mehr. Warme Mahlzeiten zuzubereiten war nicht mehr möglich, genauso wie Hygienemaßnahmen durchzuführen. Einige Menschen sind am Rotavirus erkrankt, auch Achkans Tochter. Acht Stunden lang prasselten Bomben und Granaten auf die Stadt ein. “Du sitzt in deiner Kleidung und in deinen Schuhen und umarmst dein Kind. Deine Sachen sind neben dir, für den Fall, dass eine Bombe auf dich fällt und du hinaus musst”, schildert die Ukrainerin. “In dieser Zeit haben wir ein Gebet 40-mal gesprochen. Es hieß, dass es notwendig ist, es so viele Male vorzulesen. Und das Gebet hat uns gerettet.” Nach einigen Tagen ist es ihr gelungen, mit ihrem Mann und ihrer Tochter aus Mariupol mit ihrem beschädigten Auto zu fliehen. “Während meines Aufenthaltes im Sportkomplex war da ein Mann, der ständig mit einer Kamera herumlief und jeden filmte, auch mich. Keiner hat auf ihn geachtet. Ich bin sehr froh, dass das Filmmaterial gerettet wurde”, sagt sie. Achkan appelliert, dass sich jeder den Film “20 Tage in Mariupol” ansehen sollte, um die Wahrheit über den Krieg zu erfahren.

Auch Zoya, dessen Name aus Sicherheitsgründen geändert wurde, kann es jedem ans Herz legen. Sie ist ebenfalls aus Mariupol geflüchtet. Bereits am ersten Kriegstag hatte sie ein Loch in ihrem Fenster. “Das Schlimmste waren die Flugzeuge und der Gedanke, dass man nicht ausreisen konnte und wahrscheinlich sterben wird”, sagt sie. Als eine Rakete unmittelbar in der Nähe, wo ihre Tochter spielte, einschlug, wusste sie, dass sie aus der Stadt gehen musste. “Alle, die ich kenne, sind entweder tot oder auf der Welt verstreut.” Einen Tag, nach dem sie ausgereist ist, haben die Russen die komplette Stadt okkupiert. Bis heute noch. Zoya ist bisher nicht bereit, sich den Dokumentarfilm anzusehen: “Es ist noch zu viel. Ich habe es alles selbst erlebt.”

“20 Tage in Mariupol” wird im Zuge des “Human Vision film festivals” am 6. März am Spielboden Dornbirn präsentiert. “Es ist wichtig, den Menschen hier zu zeigen, dass der Krieg nicht vorbei ist”, sagt Yuliia Zaiats, Obfrau des Ukrainischen Vereins Vorarlberg, der Partner der Filmvorführung ist. “Es sind schreckliche Sachen, die im Film gezeigt werden. Sie passieren hier und jetzt im Jahr 2024 und nicht in der Geschichte.” Zaiats möchte die Menschen hier sensibilisieren, dass es nicht nur um den Kampf handelt, den die Ukraine mit ihrem Nachbarland versucht zu gewinnen. “Es geht um den Kampf zwischen zwei Systemen: Totalitarismus und Demokratie. Freiheit und Demokratie müssen immer geschützt werden und viele haben das Gefühl verloren, was das kostet. Die Ukraine kennt den Preis”, erklärt die Obfrau.

Information zur Filmvorführung
“20 Tage in Mariupol” ist ein Dokumentarfilm von Journalisten der Associated Press. Während die Stadt Mariupol seitens russischer Soldaten belagert wurde, sind die Journalisten dort geblieben und haben alles dokumentiert: Bombenangriffe, Massengräber, den Angriff auf ein Krankenhaus sowie Zeugen.
Der Dokumentarfilm wird am 6. März am Spielboden um 19:30 Uhr gezeigt. Der Eintritt kostet 11 Euro, falls man die Forumkarte besitzt, kommt man ebenfalls mit ihr rein.