In den Supermarkt gehen oder Reisig stehlen?

Während in Supermärkten Zweige für Adventkränze um sieben Euro verkauft werden, ziehen manche den Wald als gratis Alternative in Betracht. Doch was sagen Waldbesitzer dazu, wenn Reisig ohne Erlaubnis mitgenommen wird?
Von Katja Grundner
Dornbirn Die Zeit des Adventkranzes steht vor der Tür. Ein Supermarkt verkauft ein Bund Reisig mit ein bis zwei Dutzend armlangen Zweigen für 7 Euro. Gleich daneben steht ein fertig geflochtener Kranz für 10 Euro und ein fertig geschmückter für 13 Euro. „Warum sich dann noch die Arbeit antun?“, fragen sich die einen. Die anderen denken sich: „Warum nicht einfach in den Wald gehen und ein paar Zweige gratis abschneiden?“ Die VN haben den Dornbirner Hobbyförstner Anton Mayer und den Großwaldbesitzer Franz Clemens Waldburg-Zeil gefragt, was sie von solch einer Idee halten würden.
Diebstähle im Wald prägen
Anton Mayer besitzt mehrere Waldflächen in Dornbirn mit einer Gesamtfläche von 20 Hektar. Der 67-Jährige hat als Waldbesitzer schon einiges erlebt: Vor zwei Jahren wurde ihm zum Beispiel eine dicke, frisch gefällte Buche gestohlen und in einem stadtnahen Wald wurden ihm von Fremden fast alle Fichten abgeschnitten, um sie als Christbaum zu verwenden. „Ich merke, dass der Respekt vor fremdem Eigentum verloren gegangen ist“, äußert der Pensionist.

Als gebranntes Kind von unangenehmen Vorfällen hat der ehemalige Finanzleiter der Gemeinde Höchst eine klare Grenze: Schon das Abschneiden von Zweigen für Adventkränze ist für ihn ein Tabu. „Das ist Diebstahl“, betont er. Ihm ist es wichtig, dass man fragt, bevor man etwas aus seinem Wald nimmt. Aber auch dann wäre nur Reisig von bereits gefällten Bäumen in Ordnung. „Niemand schneidet mir bei meinen Bäumen etwas ab. Ist vielleicht ein bisschen engstirnig. Früher wäre es mir egal gewesen. Aber mittlerweile nicht mehr, weil die Leute immer frecher werden.“

Am besten kaufen oder fragen
Der Großwaldbesitzer Franz Clemens Waldburg-Zeil sagt: „Bei einem kommerziellen Betrieb würden wir natürlich Maßnahmen setzen, wenn Reisig aus unseren Wäldern genommen wird. Aber wir haben noch nie jemanden angezeigt, der privat einmal ein paar Zweige für den Eigengebrauch geholt hat.“ Trotzdem würde es der im Palast Hohenems Lebende bevorzugen, wenn man bei ihm Reisig über den offiziellen Weg besorgt. Aktuell gibt es auf seinem Familiensitz zugeschnittene Tannenzweige, die in Selbstbedienung rund um die Uhr gekauft werden können. Der Kilopreis für Reisigzweige beträgt 4,50 Euro. Auch Mayer hatte sich früher einmal überlegt, in der Bürglegasse in Dornbirn ein paar Paletten mit Reisig zur freien Entnahme hinzulegen und eine Kasse dazuzustellen. Im Endeffekt hatte es ein anderer gemacht – und dem wurde die Kasse gestohlen.

„Im Rahmen einer Forstarbeit, bei der Fichten und Tannen geschlagen werden, hätten wir zum Beispiel gar kein Problem Reisig herzuschenken“, sagt Waldburg-Zeil. „Vor allem notleidende Leute laden wir dazu ein, sich nach Holzarbeiten nicht nur Reisig für Adventkränze, sondern auch größere Äste für Brennholz zu nehmen.“ Wie für Mayer ist Waldburg-Zeil dabei wichtig: Einfach fragen.
