Ramon hält Hirschmann Automotive bei Laune – “Er wollte noch nie einen Tag frei haben”

Der 19-Jährige arbeitet unter seinem Vater im Wareneingang des Automobilzulieferers – und sorgt nicht nur für gute Laune.
Rankweil Herzlich begrüßt Ramon Ramazan “Rambo” Yildiz, sofort haben die beiden etwas zu Lachen. “Ramon kommt mit allen gut aus, wir haben unseren Spaß”, bestätigt der 47-Jährige. Er ist bei Hirschmann Automotive in Rankweil für die Kommissionierung der Fertigware verantwortlich, bevor sie hinaus zu den Kunden geht. Nach einem Foto gefragt, stellen sich der 19- und der 47-Jährige ganz selbstverständlich miteinander vor die Kamera, ohne mit dem Scherzen aufzuhören.

Etwa 1200 Personen produzieren hier im Hauptwerk in vier Schichten Elektrobauteile, die aus keinem modernen Auto wegzudenken wären. Reibungslose Abläufe in der Logistik sind hier essenziell: Bauteile aus den Werken von Tschechien über Marokko bis China müssen übernommen und den Produktionsstraßen zeitgerecht übermittelt sowie die fertige Ware an die Kunden geliefert werden. Mittendrin der 19-jährige Ramon Bichler, jeden Vormittag von Montag bis Freitag. Seit September 2023 hat er hier einen Spagat-Arbeitsplatz. Der Feldkircher hat eine starke Sehschwäche, für viele Tätigkeiten benötigt er eine Anleitung und Einführung. Doch scheut er keine Aufgabe, vielmehr sucht er sich vom Wareneingang über die Produktionsversorgung bis zur Kommissionierung seine Arbeit. Berührungsängste haben weder er noch sein Umfeld, grinsend und mit Handschlag begrüßt er jede und jeden.

“Ramon ist nicht hier, um den Boden zu kehren”, betont Wolfgang Bichler. Er ist nicht nur Ramons Vater, sondern als Leiter des Wareneingangs auch sein Vorgesetzter. “Er ist sozial eine Bombe, jeder schätzt ihn sehr”, blitzt kurz der stolze Vater durch. “Oft bin ich zu viel Vorgesetzter und zu wenig Papa”, räumt er ein. Etwa, wenn er herausfinden muss, in welcher Abteilung sich Ramon gerade einbringt. Oder wenn er aus Sicherheitsgründen darauf bestehen muss, dass ein anderer Mitarbeiter die motorisierte Ameise bedient.

Dass Ramon dem Alltag aber gewachsen ist, zeigt sich etwa daran, dass er selbstständig mit dem Moped zur Arbeit kommt. Und Ramon sorgte auch schon für Innovationen: Beim Wareneingang muss mit einem Handscanner sowohl die Ware als auch ihr Lagerbehältnis gescannt werden, bevor der Roboter damit im Lager verschwindet. “Um Fehl-Scans zu vermeiden, war es sinnvoll, einen Code mit der Hand abzudecken”, erklärt Head of Logistic Philipp Enzenhofer. Um es Ramon einfacher zu machen, wurde der Scan-Bereich um eine Abdeckung erweitert – von der aber alle profitierten, Fehl-Scans wurden zur Ausnahme. “Wenn es für Ramon funktioniert, haben davon alle einen Benefit”, fasst es Wolfgang zusammen.

Entsprechend besorgt blickt er auf die Kürzungen des Landes im Sozialbudget, die sich gerade auf die Inklusion am Arbeitsplatz und soziale Teilhabe durch Leistungsminderungen und Aufnahmestopps niederschlägt. “Die Unterstützung durch das Land ist wichtig, es ist sonst für viele Firmen nicht stemmbar. Das sage ich nicht nur als direkt Betroffener, sondern auch als Chef”, betont Wolfgang. Ein integrativer Arbeitsplatz stelle nun einmal eine Herausforderung dar. Worauf man sich einlässt, wisse man wie bei jedem Arbeitsverhältnis erst, wenn man dann wirklich miteinander arbeitet.

Bei Hirschmann Automotive ging die Rechnung auf und man gewann einen motivierten Kollegen. “Wenn wir einmal Arbeit haben und er länger bleibt, holt er sich die Erlaubnis, am Freitag eine Stunde länger zu schlafen”, verrät sein Vater. “Er hat noch nie gefragt, ob er freihaben kann”.
Elternvereine besorgt
In einem gemeinsamen Brief reagierten mehrere Elternvereine zur Inklusion von Menschen mit Förderbedarf auf die angekündigten Einsparungen im Sozialbereich in Vorarlberg. Demnach sind vor allem Projekte der Inklusion und der ambulante Bereich betroffen, es drohen zumindest Aufnahmestopps. Sie fordern “eine klare und transparente Antwort auf folgende Fragen:
1. Wie will das Land Vorarlberg sicherstellen, dass die geplanten Einsparungen nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Versorgung von Menschen mit Behinderung führen?
2. Welche konkreten Maßnahmen plant das Land, um die ambulante Unterstützung von Menschen mit Behinderung zu verbessern und den bestehenden Personalmangel zu beheben?
3. Wie will das Land sicherstellen, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt am Arbeitsmarkt teilhaben können und Familienentlastungsgutscheine tatsächlich eingelöst werden können?”