Warum Vorarlbergerinnen und Vorarlberger die Lehre abbrechen

Menschen / 30.06.2025 • 05:45 Uhr
ABD0077_20230112 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zu den Themen AUSBILDUNG / WEITERBILDUNG / ARBEITSMARKT / HANDWERK. Im Bild: Zwei junge MŠnner im Berufsausbildungszentrum des bfi Wien aufgenommen am Donnerstag, 12. JŠnner 2023, in Wien. – FOTO: APA/EVA MANHART
Mehr als jede zweite Lehre in Vorarlberg wird abgebrochen – viele schon im ersten Ausbildungsjahr.APA/EVA MANHART

Ilyas, Paulina und Tamara haben ihre Lehre abgebrochen – wie rund 1000 Jugendliche jedes Jahr in Vorarlberg. Sie berichten über ihre Gründe.

Von Katja Grundner

Schwarzach Laut dem Bildungsmonitoring für Vorarlberg wird seit Jahren mehr als die Hälfte aller Lehrverhältnisse aufgelöst – rund 1000 pro Jahr. In den meisten Fällen wechseln die Jugendlichen in eine andere Lehrausbildung. Rund die Hälfte der Abbrüche erfolgt bereits im ersten Ausbildungsjahr – so auch bei Ilyas und Paulina Bereuter*. Tamara Hartmann* beendete ihre Schlosserlehre wegen sexistischer Vorfälle.

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Einvernehmliche Auflösung

Ilyas begann 2023 eine Lehrstelle als IT-Systemtechniker. Der 18-Jährige betont, dass es sich um eine gute Firma handelte, in der er vor allem seinen Ausbildner positiv heraushebt. Doch aufgrund einer Operation fehlte er viele Wochen lang.

Warum Vorarlbergerinnen und Vorarlberger die Lehre abbrechen
Ilyas hat zwei Lehrstellen als IT-Systemtechniker abgebrochen, doch er strebt einen Neuanfang mit mehr Einsatz an. GRK/Canva

„Dann war ich schulisch weit hinten und ich hatte keine Motivation zu lernen“, schilderte der Hohenemser. Schlussendlich kam es 2024 zu einer einvernehmlichen Auflösung.

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Laut Bildungsmonitoring wird der Großteil der Lehrverhältnisse – genauer gesagt 35 Prozent – einvernehmlich beendet. In 30 Prozent der Fälle kündigt der Lehrling, in 27 Prozent endet das Verhältnis mit Ablauf der Probezeit. Nur in 8,5  Prozent der Fälle löst der Lehrbetrieb das Vertragsverhältnis auf.

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Gleich darauf begann der 18-Jährige eine andere Lehrstelle als IT-Systemtechniker. „Hier ist mir viel versprochen, aber nicht gehalten worden. Zum Beispiel, dass ich mehr auf Außendienste mitgehen kann“, sagt er. Außerdem berichtet er von respektlosen Umgangstönen. „Es macht einen Unterschied, ob jemand streng ist, oder sagt: ‚Beweg deinen Arsch da rüber‘“, äußert er. Nichtsdestotrotz räumt er ein, selbst nicht immer vorbildlich gewesen zu sein, etwa wegen wiederholter Verspätungen und fehlender Motivation beim Lernen. Auch dieses Lehrverhältnis wurde aufgelöst. Nun strebt Ilyas einen Neustart an – mit einer Lehrstelle, in der er mehr Einsatz zeigen will.

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Ilyas will in der neuen Lehrstelle mehr Disziplin an den Tag legen. VN/Grundner

Mobbing und Sexismus

Laut Bildungsmonitoring werden Lehrausbildungen von Frauen überdurchschnittlich häufig aufgelöst. Paulina Bereuter* begann mit 16 Jahren eine Tischlerlehre. „Dort wurden die jüngeren Lehrlinge von den älteren gemobbt und die Ausbildner haben nichts dagegen unternommen“, berichtet die heute 25-Jährige. Noch in der Probezeit hat sie das Lehrverhältnis aufgelöst. In den Folgejahren hat die Bregenzerin unter anderem als Verkäuferin gearbeitet, bis sie 2023 eine neue Lehre im Baugewerbe begonnen hat. Hierbei erzählt sie ausschließlich Positives über die Firma und ihren Ausbildner. „Aber leider war ich lerntechnisch eingerostet und hatte Probleme in der Berufsschule. Im Endeffekt bin ich durchgefallen“, erzählt sie.

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Auch Tamara Hartmann* brach ihre Lehre in der Probezeit ab. Die jetzt 23-Jährige begann 2017 eine Schlosserlehre. „Ich war der einzige weibliche Lehrling und bekam ständig sexistische Sprüche zu hören“, berichtet die Harderin. „Außerdem war meine Umkleidekabine nur eine Abstellkammer ohne Schloss und manche Burschen haben einfach reingeschaut, wie ich gerade in Unterwäsche dagestanden bin.“ Als sie sich an ihre Vorgesetzten wandte, hätten die Burschen alles abgestritten. „Es gab auch Chefs, die es runtergespielt und gemeint haben, dass solche Dinge bloß Komplimente sind.“

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Nun ist Hartmann* ausgebildete Buchhalterin in einem Forschungsinstitut, jedoch verdiene sie in diesem Beruf deutlich weniger. Sie ist überzeugt, dass größere Unternehmen bessere Bedingungen für Frauen und oft auch eine höhere Frauenquote aufweisen. Kleine Betriebe in männerdominierten Branchen haben aus ihrer Sicht aber noch deutlichen Aufholbedarf.

*(Name von der Redaktion geändert)

(VN)