“Ich war immer der Außenseiter und nie Teil einer Gruppe”

Die Werktherapie-Einrichtung „Ju-on-Job“ in Dornbirn bereitet junge Menschen, die psychisch beeinträchtigt sind, auf den Einstieg in den Arbeitsmarkt vor.
Dornbirn Konzentriert gießt Simone (Name geändert) flüssiges Porzellan in eine Gipsform. Der 19-Jährigen macht das Töpfern Spaß. “Es ist schön, wenn man kreativ sein und etwas erschaffen kann.” Seit November 2023 kommt die junge Frau viermal in der Woche zur Werktherapie nach Dornbirn – diese gibt ihrem Leben eine Struktur.

Wie alle der 23 Jugendlichen, die hier tätig sind, ist sie psychisch beeinträchtigt. Der Psychiater diagnostizierte bei Simone eine dissoziative Störung und eine posttraumatische Belastungsstörung. Die junge Frau trägt einen schweren Rucksack. Ihr wurde sexuelle Gewalt angetan. Außerdem wurde sie in der Mittelschulzeit gemobbt. “Ich war immer der Außenseiter und nie Teil einer Gruppe.” Simone hat bereits mehrere suizidale Krisen durchlebt. Zurzeit aber geht es ihr relativ gut. Die Werktherapie tut ihrem Selbstbewusstsein gut. Stolz zeigt sie eine Vase aus Porzellan her. “Die habe ich gemacht.”
Simone arbeitet mit Freude in der Reha-Einrichtung “Ju-on-Job” von pro mente Vorarlberg. pro mente ist eine Organisation, die sich auf die psychosoziale Versorgung, Betreuung und Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen spezialisiert hat. Ziel des Projektes “Ju-on-Job”, das im Jahr 2008 von Werner Stückler aufgebaut wurde und seither vom Land finanziert wird, ist es, junge Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. Das geschieht auch durch Beziehungsarbeit. “Wir Werktherapeuten bauen eine Beziehung zu unseren Klienten auf. Dadurch werden sie stabiler”, sagt Werner Stückler, der gelernter Tischler ist und zudem eine sozialpsychiatrische Ausbildung absolviert hat.

Im Rahmen der Werktherapie wird auch viel mit Holz gearbeitet. “Wir renovieren alte Möbel und führen Aufträge für Privatpersonen und Firmen aus”, informiert Stückler. Jutta Ammon, die Stücklers Nachfolge angetreten hat und seit Februar das Projekt “Ju-on-Job” im Unterland leitet, ergänzt: “Wir machen auch schöne Karten zu allen Anlässen. Die kann man bei uns kaufen, genauso wie das schöne Porzellangeschirr, das die Jugendlichen machen.” Die gelernte Grafikerin, die eine Ausbildung zur Töpferin gemacht hat, leitet die Keramikabteilung seit mehr als zehn Jahren. Dort herrscht gerade emsiges Treiben. Carla (Name geändert) bemalt mit Akribie einen Teller. Der 18-Jährigen gefällt die Arbeit “brutal”.

Die junge Dornbirnerin erkrankte während der Coronapandemie. Sie wurde depressiv. “Ich bin fast nur noch im Bett gelegen.” Selbst ihrem geliebten Hobby – Breakdance und Hip-Hop – konnte sie nicht mehr nachgehen. “Es war mir viel zu anstrengend.” Ihre Mutter bemerkte schnell, dass mit ihr etwas nicht mehr stimmte. “Mama ging mit mir zum Psychiater.” Inzwischen geht es Carla besser. “Die dunklen Tage werden weniger.” Sie hat auch wieder angefangen, Pläne zu schmieden. “Zuerst möchte ich ein freiwilliges soziales Jahr machen. Dann möchte ich die Matura nachholen. Anschließend will ich an der Fachhochschule Soziale Arbeit studieren. Mein Traum ist es, einmal mit Jugendlichen zu arbeiten.”