Erinnerung, Forschung und Verantwortung

Vier Veranstaltungen im November widmen sich der Zeitgeschichte Vorarlbergs.
Bregenz Die seit über vier Jahrzehnten als historisches Gedächtnis Vorarlbergs fungierende Johann-August-Malin-Gesellschaft lädt im November zu vier Veranstaltungen, die Vergangenheit und Gegenwart auf eindringliche Weise verbinden. Von der Präsentation eines umfassenden Fotoarchivs bis hin zu Zeitzeugengesprächen über Flucht, Überleben und Entnazifizierung spannt sich ein thematischer Bogen, der das Land in seiner historischen Tiefe zeigt.
Am 4. November wird im Kuppelsaal der Vorarlberger Landesbibliothek der neue Online-Fotobestand der Malin-Gesellschaft mit dem Titel „Vorarlberger Zeitgeschichte in Bildern – Das Fotoarchiv der Johann-August-Malin-Gesellschaft“ vorgestellt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1982 hat die nach dem 1942 von den Nationalsozialisten hingerichteten Satteinser Widerstandskämpfer Johann August Malin benannte Gesellschaft unermüdlich an der Aufarbeitung der regionalen Zeitgeschichte gearbeitet – mit einem besonderen Fokus auf Faschismus, Nationalsozialismus, Widerstand und Arbeiterbewegung. Das neu digitalisierte Archiv versammelt Tausende Fotografien aus Privat-, Firmen- und Verwaltungsbeständen und macht sie in Kooperation mit der Vorarlberger Landesbibliothek und dem Stadtarchiv Dornbirn auf der Plattform volare nun öffentlich zugänglich.

Am 7. November widmet sich die Malin-Gesellschaft im vorarlberg museum anlässlich der Erinnerung an die Novemberpogrome 1938 dem Schicksal jener Menschen, die nach 1945 als „Displaced Persons“ in Österreich lebten. Rund 1,6 Millionen waren es – ehemalige Zwangsarbeiter, befreite KZ-Häftlinge, Überlebende des Holocaust. Über ihre Situation in Vorarlberg spricht der Innsbrucker Historiker Nikolaus Hagen. Ergänzt wird sein Vortrag durch szenische Lesungen sowie durch ein Gespräch mit Robert Obermair und Zeitzeugen.
Am 10. November findet eine Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen statt. In der Remise Bludenz wird unter dem Titel „Der rettenden Schweiz sehr nahe“ an Fluchtgeschichten erinnert, die sich zwischen 1938 und 1945 in Vorarlberg ereigneten. Der Historiker Raphael Einetter, Mitherausgeber des Buchprojekts „Über die Grenze“ des Jüdischen Museums Hohenems, zeichnet anhand konkreter Fälle nach, wie jüdische Flüchtlinge in Feldkirch hofften, in die Schweiz zu gelangen. Anschließend hält der Jesuit und Bibelwissenschaftler Dominik Markl einen Vortrag über die Überlebensgeschichte von Leokadia Justman, einer jungen Jüdin, die sechs Jahre Krieg und Verfolgung überstand. Ein anschließendes Zeitzeugengespräch vertieft diese eindrucksvollen Lebensgeschichten.
Am 14. November spricht der Historiker Meinrad Pichler im Rahmen von „freitags um 5 – Landesgeschichte im Gespräch“ im vorarlberg museum über das „gescheiterte Experiment Entnazifizierung in Vorarlberg 1945–1949“. Er zeigt auf, wie schwer es war, nach dem Krieg jene zu bestrafen oder aus Ämtern zu entfernen, die tief in das NS-System verstrickt waren, in einer Gesellschaft, in der viele Ärzte, Lehrer und Unternehmer überzeugte Nationalsozialisten gewesen waren.