Mythen, Mächte, Masken

Mailand. Herbstzeit ist in der lombardischen Metropole einerseits Nebelzeit, andererseits eine Zeit des Lichts. Am Horizont. Für Motorrad-enthusiasten. Denn die EICMA, die Motorradmesse in Mailand beschwört die Morgendämmerung der nächsten Saison herauf. Mit einer Fülle von Premieren, teils als Ergänzung zu jenen, die bereits auf der Intermot in Köln (1. – 5. 10.) zu sehen waren, teils mit ganz neuen Modellen.

Ducati, gewissermaßen Hausherr in Mailand, hatte wohl zuvor bereits die neue Scrambler gezeigt, als Wiederbelebung eines Mythos, als Segmentsverdichtung und Start einer ganz neuen Mittelklassemodellreihe (mit 75 PS). Doch das Supersport- und Hochleistungs-Highlight, die neue Panigale 1299 mit 205 PS bei 179 Kilo Fahrfertiggewicht, das hatte man sich fürs Heimterrain aufbehalten. Im Verein mit der neu gemachten Multistrada 1200, die nicht nur leistungsseitig (160 PS), sondern auch in punkto Assistenzelektronik (z. B. LED-Kurvenlicht) upgedatet ist.

Für dichtestes Publikums-Gedränge sorgte, wie gewohnt, der österreichische Hersteller KTM. Die Mattighofener runden ihre Groß-enduro-Familie nach der 1290 Super Adventure (160 PS) nun mit der 1050er ab, und sie nennen das „unsere neue Einsteiger-Mittelklasse“ (95 PS).

Nischenverdichtung betreibt unter anderem auch die Motorradabteilung von BMW: Der Vierzylinder-Supersportlerin S1000RR haben die Münchner kernigen Adventure-Look verpasst und schicken sie mit 160 PS ins Mächte-Rennen um die Krone der Abenteuer-Reiseeisen.

Derweilen matchen sich die japanischen Hersteller optisch um die „böseste“ Frontmaske. Leistungsseitig die Spitze abgesteckt hat Kawasaki ja bereits in Köln, mit der 300-PS-Rakete Ninja H2R (kompressor-aufgeladener Einliter-Vierzylinder).

Für Mailand wurde jetzt eine – straßenzulassungsfähige – Ninja H2 mit „nur“ noch 200 PS nachgeschickt. Man kann sich nun aussuchen, ob ihr Frontstyling grimmiger ist als das der brandneuen Yamaha YZF-R1 mit ebenfalls 200 PS.