Hochspannung auf Eis und Schnee

Mit über 700 PS im Tiefschnee: Tesla und der elektrische Allradantrieb im Härtetest.
Tesla. Sankt Leonhard im Pitztal zeigt sich tiefverschneit. Auf einem abgesperrten Übungsplatz sind Pylonen auf dem glatten Untergrund verteilt. Es ist ein bitterkalter Morgen, an dem Journalisten aus mehreren europäischen Ländern ein Allradantrieb aus Kalifornien demonstriert bekommen. Besser soll er sein als alle herkömmlichen mechanischen 4×4-Antriebe, weil es bei ihm keine Verzögerungen und Verluste der Antriebskraft gibt. Zwei Elektroaggregate sind vorne und hinten direkt bei den Rädern verbaut.
Model S P90D steht am Display des Testwagens. Die Wahl ist eine gute. Die Zahlen-Buchstaben-Kombination steht für die letzte Ausbaustufe mit allen Leistungs- und Reichweiten-Upgrades. Über 700 PS, Tempo 100 in drei Sekunden, Spitze bei 250 km/h. Die Topversion ist so schnell wie ein Lamborghini – der Elektrowahnsinn auf Rädern.
Zwei Elektro-Motoren
Aber wie lässt sich so viel Kraft auf die Straße bringen? Und was, wenn dort Schnee liegt? Teslas Antwort darauf ist der elektrische Dualmotor-Allradantrieb. Vorne treibt ein vergleichsweise kleiner 262-PS-Motor jenes Rad an, das Traktion findet, hinten ist es, je nach Upgrade, ein bis zu 539 PS starkes E-Aggregat, das die Kraft verteilt. 500 Rückmeldungen in der Sekunde werden vom Rechner verarbeitet – ein Wimpernschlag ist da Zeitlupentempo. Und überhaupt, so einer der Tesla-Techniker, sei das Auto ein riesiger Computer mit Motor und Rädern. Und wenn der Computer einmal . . .
Einfach den Stecker ziehen? Dafür gibt es zwei Knöpfe am Lenkrad. Gleichzeitig gedrückt, kommt es zum Neustart. So würden sich fast alle Fehler beheben lassen, verrät der Techniker. Das nur am Rande.
Der „Wahnsinns-Knopf“
Die zwei Knöpfe waren im Pitztal kein Thema. Ein anderer schon. Der „Insane“-Knopf, der übersetzt „Wahnsinn“ bedeutet und für eine irrsinnige Beschleunigung sorgt. Auf Asphalt hat das Tesla längst bewiesen. Jetzt folgt die Demonstration auf Eis und Schnee. Die ersten Meter fühlen sich noch behäbig an, aber dann nimmt der Wahnsinn seinen Lauf. Die Beschleunigung im Geradeauslauf ist auch auf glattem Untergrund atemberaubend. Hier hält der elektrische Allradantrieb von Tesla, was er verspricht.
Beschleunigung ist im Winter aber nur die halbe Miete. Wer den Wildfang wieder einbremsen will, hat alle Hände voll zu tun. Denn physikalische Gesetze außer Kraft setzen können sie auch in Kalifornien nicht. Wenn es also so etwas wie eine Spaßbremse gibt, dann ist es das hohe Gewicht. 2,2 Tonnen bringt der elektrische Familien-Sportwagen auf die Waage. Alleine der zusätzliche Motor für den Allradantrieb schlägt mit über 100 Kilogramm zu Buche. Die leistungsstarken Akkus (bis zu 528 Kilometer Reichweite) sind allerdings im Fahrzeugboden verbaut. Das sorgt für einen niedrigen Schwerpunkt und begünstigt das Handling. So sammelt der Tesla im Slalom um die Pylonen wieder Pluspunkte.


Fakten
Tesla Model S P90D
Motor/Antrieb: Zwei Elektromotoren (vorne 262 PS, hinten bis zu 539 PS), 967 Nm Drehmoment, Dual-Allradantrieb
Fahrleistung: 0 auf 100 in 3 Sekunden, Spitze bei 250 km/h
Preis: ab 78.600 Euro (Model S 70); ab 121.400 Euro (Model S P90D)