“Corona-Krisenfonds” mit 4 Mrd. Euro, kein Nulldefizit

14.03.2020 • 13:45 Uhr
Laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck stehen 400 Millionen Euro für Kurzarbeit zur Verfügung.<span class="copyright">Gep</span><span class="copyright">a</span>
Laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck stehen 400 Millionen Euro für Kurzarbeit zur Verfügung.Gepa

Regierung hat am Samstag einen vier Mrd. Euro schweren “Corona-Krisenfonds” angekündigt.

Wien Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialpartnern von einem ersten Schritt. Teil des Pakets ist auch ein neues Kurzarbeitsmodell. Der eigentlich für heuer geplante Budgetüberschuss ist damit Geschichte.
“Das Budget 2020 wird keines sein, wo ich von einem ausgeglichenen Haushalt sprechen werde”, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei der Pressekonferenz. “Ein ausgeglichener Haushalt ist immer wichtig, aber die Gesundheit der Österreicher, die Arbeitsplätze und der Standort ist wichtiger.”
Für die Kurzarbeit werden laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) 400 Mio. Euro zur Verfügung stehen – also deutlich mehr als im Krisenjahr 2009. Neu ist unter anderem, dass die Arbeitszeit auf bis zu Null reduziert werden kann.

“Das Budget 2020 wird keines sein, wo ich von einem ausgeglichenen Haushalt sprechen werde”

Gernot Blümel, Finanzminister

Weitere Maßnahmen nötig

Kurz geht davon aus, dass über die nun angekündigten vier Mrd. Euro hinaus “weitere Maßnahmen” zur Bewältigung der Corona-Krise nötig sein werden. Modifizieren will die Regierung aber offenbar die im Epidemiegesetz verankerten Entschädigungsansprüche für Unternehmen, die von Betriebsschließungen betroffen sind.
Auf die Frage, ob Österreich – wie die deutsche Regierung – im Fall des Falles zur Verstaatlichung zentraler Unternehmen bereit wäre, meinte Kurz: “Natürlich ist das möglich nach dem Epidemiegesetz. Dort, wo es nötig wäre, würden wir nicht davor zurückschrecken. Derzeit stellt sich diese Frage nicht.” Modifizieren will die Regierung aber offenbar die im Epidemiegesetz verankerten Schadenersatzansprüche. Diese sehen für Betriebe, die zur Bekämpfung des Coronavirus geschlossen werden, einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstentgang vor. Darauf angesprochen kündigte Kurz “einige Gesetzesänderungen” an, denn: “Das Epidemiegesetz stammt teilweise aus einer Zeit, die mit einer heutigen nicht vergleichbar ist.” Details nannte er nicht.

Endgültige Kosten nicht abschätzbar

Wie viel die Krisenbewältigung im Endeffekt kosten wird, konnte Finanzminister Blümel noch nicht abschätzen: “Wie viel das am Ende des Tages kostet, das könnte ich nur beantworten, wenn Sie mir sagen, wie lange die Krise dauert und wie schwer sie wird.” Anträge auf Kurzarbeit sollen laut Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) ab Montag möglich sein. Für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dienen die Sofortmaßnahmen vor allem dazu, “das Blut im Wirtschaftskreislauf zu behalten”. Die aktuelle Situation sei dramatischer als die Finanzkrise, denn diese habe oben (bei großen Banken, Anm.) begonnen – heute verbreite sich die Krise aber von unten nach oben. Kogler lobte daher die in der Krise funktionierende “Konsens-Demokratie”.
“Es geht nicht um Kompromisse, es geht um Schicksale, um Existenzen”, meinte denn auch ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (SPÖ). Das soziale Netz müsse die Menschen auffangen, denn diese seien “nicht too big to fail, sondern too many to fail.” An die Unternehmern appellierte er, das Kurzarbeitsmodell in Anspruch zu nehmen und Arbeitsplätze zu sichern und an die Arbeitnehmer, nichts ungeprüft zu unterschreiben. Für die Wirtschaftskammer lobte Präsident Mahrer die angekündigten Soforthilfen. Er lieferte außerdem einen Appell, sich daran zu halten und keinen Profit aus der Krise zu schlagen: “Das ist ein gemeinsames, rot-weiß-rotes Programm und kein Programm für Trittbrettfahrer.”

Warnung der Gewerkschaften

Die Gewerkschaften warnen davor, angesichts der Coronavirus-Pandemie Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Und sie fordern eine Rücksichtnahme auf die Mitarbeiter, die für die Bevölkerung den Alltag am Laufen halten.
Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), erinnerte etwa an die besondere Belastung für die Handelsangestellten. “Die Kundenfrequenzen sind vielerorts höher als zu Weihnachtsfeiertagen. Um ein Mindestmaß an Ruhezeit für die Beschäftigten im Lebensmittel- und Drogeriehandel zu gewährleisten, braucht es dringend eine Beschränkung der Öffnungszeiten von 8:30 Uhr bis maximal 18 Uhr”, appellierte sie an die Handelskonzerne.
Zufrieden mit dem Programm der Regierung zeigte sich heute die Industriellenvereinigung (IV). Sie sieht in dem präsentierten Wirtschaftspaket ein “Paket zur Stabilisierung der Wirtschaft”. “Die heute vorgestellten Maßnahmen zur Sicherung von Standort und Beschäftigung leisten einen entscheidenden Beitrag, um Betrieben und Menschen Unterstützung, Sicherheit und eine Zukunftsperspektive zu geben”, erklärte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer.