Gantner zu Asylwerber: Weg frei für „Vorarlberg Kodex“

07.12.2023 • 16:25 Uhr
<p class="caption">Landesrat Christian Gantner: „Wer fleißig ist, wird entsprechend belohnt.“ <span class="copyright">Foto: Paulitsch</span></p>

Landesrat Christian Gantner: „Wer fleißig ist, wird entsprechend belohnt.“ Foto: Paulitsch

Innenministerium gibt grünes Licht für Vorarlberger Drei-Säulen-Modell. Caritasdirektor Schmolly: “Menschen wollen arbeiten. Das Problem sind die Rahmenbedingungen.”

Bregenz Bei der heutigen (7. Dezember 2023) Konferenz der Landesflüchtlingsreferenten wurde grünes Licht für die als „Vorarlberg Kodex“ bekannt gewordene Vereinbarung, die Asylwerbende nach ihrer Ankunft unterschreiben sollen, gegeben. Die Prüfung der rechtlichen Umsetzbarkeit fiel positiv aus. Innenminister Gerhard Karner berichtete, dass das Ministerium der Ansicht ist, dass es Möglichkeiten gibt beispielsweise das Taschengeld oder auch Sachleistungen zu kürzen. Das von Sicherheitslandesrat Christian Gantner vorgelegte Modell sieht drei Säulen vor: Werteschulungen, Deutschkurse und ein von der Bereitschaft auf Teilhabe abhängiges Bonus-Malus-System. „Wer bei uns Schutz, Unterkunft und Verpflegung bekommt, soll unserer Gesellschaft auch etwas zurückgeben. Mit dem verpflichtenden Vertrag müssen Asylwerbende sich dazu bekennen“, beschreibt Gantner seine klare Haltung.

Bonus-Malus-System

Das Credo „Leistung muss sich lohnen“, das berechtigterweise in vielen Lebensbereichen Anwendung findet, soll auch im „Vorarlberg Kodex“ verankert werden. Wer motiviert ist, der Gesellschaft etwas zurückzugeben und dabei auch die Chance zu nutzen, die gelernten Deutschkenntnisse anzuwenden, kann monatlich bis zu 110 Euro dazuverdienen (in Vorarlberg 4 Euro pro Stunde/max. 27,5 Stunden pro Monat). Weigern sich Asylwerbende hingegen zu arbeiten oder an Kursen teilzunehmen, wird das Taschengeld in Zukunft reduziert. Auch Auswirkungen auf die Gewährung von Sachleistungen bzw. deren Entzug sind vorgesehen. Das hinter der Vereinbarung liegende Bonus-Malus-System erklärt Gantner ganz einfach: „Wer fleißig ist, wird entsprechend entlohnt. Wer sich nicht an Vereinbarungen hält, muss mit den (finanziellen) Konsequenzen leben. Damit gilt gleiches Recht für alle. Denn das ist nicht unhöflich, sondern partnerschaftlich und fair.“

Die Abwicklung soll über die Gemeinden erfolgen. Wenn Gemeinden entsprechende Projekte nicht selbst verwirklichen können, kann auch ein Dienstleister (beispielsweise die Caritas) für die Ausführung beauftragt werden. Drei Beispiele:

Beispiel 1: Der Gemeinde A ist ein gelungenes Zusammenleben der Generationen wichtig, weshalb die Gemeinde zur Förderung des Gemeinwohls das Projekt „Alltagshilfe für Senior:innen“ durchführt. Anspruchsberechtigt sind Alleinlebende ab einem Alter von 80 Jahren.

Beispiel 2: In der Stadt B ist für die Pflege der Sportstätten der jeweilige Verein alleinverantwortlich. Asylwerbende können beim Rasenmähen oder bei der Instandhaltung der Klubräumlichkeiten helfen.

Beispiel 3: Gemeinde C legt großen Wert auf die optimale Nutzung landwirtschaftlicher Liegenschaften, weshalb sichergestellt wird, dass kein Fallobst unverwertet bleibt. Asylwerbende verkochen das Obst in der Pfarrhausküche unter Anleitung zu Marmelade.

Drei-Säulen-Prinzip

Der „Vorarlberg Kodex“ basiert auf drei Säulen: Neben der gemeinnützigen Arbeit zählen Deutschkurse und Werteschulungen dazu, die nun jedenfalls schon ab der Grundversorgung zu besuchen sind. Für Gantner können diese drei Bereiche nur Hand in Hand gehen: „Das Erlernen der Sprache und der hier vorherrschenden Umgangsformen sind unerlässlich. Bei der gemeinnützigen Arbeit kommen die Asylwerbenden in Kontakt mit Einheimischen und können das Gelernte direkt anwenden.“

Mit der nun grundsätzlich geklärten rechtlichen Umsetzbarkeit und dem Vorliegen eines konkreten Modells soll die Umsetzung nun rasch erfolgen. Vorarlberg will dabei das erste Bundesland sein und schon im ersten Quartal 2024 ankommende Asylwerbende unterschreiben lassen.

Schmolly: “Menschen wollen arbeiten”

Für Caritasdirektor Walter Schmolly ist die Debatte um den “Vorarlberg Kodex” eine, die auf dem Rücken der Asylwerber ausgetragen wird. Sie erwecke den Anschein, die asylwerbenden Personen müssten zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden, weil sie diese ansonsten nicht leisten würden. „Das entspricht nicht der Realität. Aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir, dass bei Menschen, die auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten, die Bereitschaft einer Beschäftigung nachzugehen, groß ist. Beschäftigung hat in dieser Situation für die Personen nämlich viele entlastende Wirkungen und fördert auch die Integration. Diese hohe Bereitschaft zeigt sich auch in den aktuellen Zahlen: In den ersten drei Quartalen haben asylwerbende Menschen in Vorarlberg mehr als 30.000 Stunden gemeinnützige Tätigkeiten erbracht.“

Gantner zu Asylwerber: Weg frei für „Vorarlberg Kodex“
Caritasdirektor Walter Schmolly fordert eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedinungen.

Walter Schmolly weiter: „Die Debatte ist überflüssig. Es ist nämlich unschwer zu erkennen, wo das Problem liegt und wie eine Veränderung zu bewirken wäre. Das Problem ist nicht die mangelnde Bereitschaft der asylwerbenden Personen, sich gemeinnützig zu betätigen. Das Problem sind erstens die rechtlichen Rahmenbedingungen und zweitens die praktischen Schwierigkeiten. Die Caritas Vorarlberg hatte mit der Nachbarschaftshilfe ein hervorragend funktionierendes Modell, das 2016 dann aber eingestellt werden musste, weil das Sozialministerium die Rechtsmeinung vertreten hat, dass diese Tätigkeiten rechtlich nicht zulässig seien.“ Seine Forderungen: „Wenn die politisch Verantwortlichen mehr gemeinnützige Tätigkeiten asylwerbender Menschen wollen, wäre es naheliegend, die rechtlichen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass die Nachbarschaftshilfe wieder möglich ist.“ Ergänzend betont der Caritasdirektor: „Gemeinnützige Tätigkeit braucht Anleitung, Begleitung und stellt diejenigen, die sie anbieten, vor praktische Herausforderungen. Das ist wohl auch der Grund, warum derzeit über die Länder und Gemeinden wenig Angebote zustande kommen.“